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Interview: BELLA DONNA
Titel: Tiefste Emotionalität

Der Seybothenreuther Musiker, Komponist und Produzent Jochen Schoberth ist beileibe keiner der üblichen Verdächtigen, wenn es um genremedial verlangte Kategorisierungen geht. Ganz im Gegenteil, seine künstlerische Vita gibt allen Anlass zum Staunen. Der umfangreich interessierte Individualist, Kulturliebhaber und bekennende Freigeist, Insidern bestens bekannt vom Projekt Artwork beziehungsweise von der Band Fetisch Mensch, tauchte in seiner bewegten Laufbahn bereits in eine Vielzahl von unterschiedlichsten Metiers ein.

Pure Vielseitigkeit sozusagen. So arbeitete er bislang beispielsweise bereits mit Dieter Serfas von den altbekannten Krautrockern Amon Düül sowie Holger Czukay von den derselben Stilistik angehörenden Can als auch mit den Darkwave-Heroen Goethes Erben beziehungsweise mit deren Gründer Oswald Henke.

Seit einiger Zeit hat sich Schoberth auch als Kopf der Gruppe Bella Donna bei Anhängern von meditativen Klängen und in Weltmusikkreisen einen guten Namen machen können.

Das neue Album wurde „III“ getauft. Und zu bieten hat die gefühlvolle Gruppe darauf ein klanglich anmutiges Sammelsurium an meditativ wirkenden romantischen Vertonungen zutiefst menschlicher sensibler Sehnsüchte.

„Bella Donna ist die Weiterentwicklung von Artwork. Als wir 2004 Artwork und Erblast – beide Bands mit Oswald Henke – auflösten, gründeten wir Fetisch Mensch und Bella Donna. Fetisch Mensch mit Henke und Bella Donna, um den klassischen Part mit Sänger Jan Kunold und auch den experimentellen Song mit Vokalist Chriss Gölnitz mehr in den Vordergrund zu stellen. Die Konzerte sind gut besucht und die Nachfrage nach den Alben ist auch ungebremst, also denke ich wir sind erfolgreich“, lässt Jochen eingangs lachend wissen.

Weiter lässt er verlauten: „Im Weiteren messe ich Erfolg auch in Zeit, viele Bands bestehen nur ein paar Jahre, ich hingegen mache seit 1988 meine Musik. Da ich die Musik selbst schreibe, kann ich mich gänzlich ausleben – die Texte kommen oft von den Sängern, manchmal aber auch von mir. Zu diesem Zweck wurde ursprünglich 1992 Artwork gegründet, ich spielte damals mit The Perc Meets The Hidden Gentleman circa 60 Konzerte im Jahr. Und brauchte eine eigene Plattform für meine Kompositionen. So ist es seit Artwork bis heute geblieben.“

Zum Zeitpunkt des Interviews zieht der viel Beschäftigte gerade mitsamt seinem Studio um, was seiner Aussage nach hoffentlich bis Ende 2010 abgeschlossen ist. Zum neuen Album „III“ berichtet er hingegen weiter:

„Es sind diesmal mehr Lieder mit Chriss, Jan ist nur auf dem Stück `Cold Song` zu hören, im Weiteren sind zwei lange Instrumentalstücke mit von der Partie. Sonst ist alles in bester Bella Donna-Tradition gehalten. Alle Stücke sind mit Gitarrensynthesizern eingespielt – also kaum Keyboards, sondern nur elektrische, akustische und Synthesizer-Gitarren.“

Der Gesprächinhalt bewegt sich nachfolgend zu musikalischen Einflüssen über. Hat Jochen überhaupt welche?

„Ja und nein, ich habe schon mit sehr vielen Leuten gespielt und gejammt, und so ist von manchem bewundernswerten Musiker bei mir sicher der eine oder andere Einfluss zurück geblieben.“

Die gesamte Musik auf „III“ stammt komplett von Allrounder Jochen, wie dieser informiert. Der Text zum Song „Phönix“ stand in der Grundform zwar auch schon fest, wie er erzählt, wurde jedoch dann mit Vokalist Chriss zusammen vollendet. Wir erfahren:

„Hier entstand Text und Musik zusammen. Sonst habe ich meist ein Instrumentalteil, über das dann der Gesang drüber komponiert wird und wozu dann der dazugehörige Liedtext geschrieben wird. Es kam hierzu in der Vergangenheit immer wieder vor, dass mich ein Film oder ein Buch beeinflusst hat. Die neuen Texte sind Bilder aus meinem und Chriss’ Privatleben, manches erschließt sich schnell, einiges soll etwas geheimnisvoll bleiben. Wie bei mir schon immer, steht oft dann die Musik im Vordergrund.“

Seine musikalischen Ziele siedelt Jochen immer recht hoch an, wie er zu zugibt.

„Aber da der Entstehungsprozess für dieses neue Album fast drei Jahre gedauert hat, sind manche Ziele schon wieder überholt. Aber alle Stücke sind in sich schlüssig und sehr emotional. Emotionen zu transportieren ist eines meiner höchsten Ziele, und das sehe ich aktuell als erfüllt an.“

Der Künstler sieht Bella Donna als seinen privaten Kreativtempel, wie er es nennt.

„Und hierin ist es schön von internationalen Kollegen immer wieder mal zu hören, wie sehr sie meine Arbeit schätzen oder wie sie dadurch beeinflusst wurden.“

Er selbst wird zwar von Freunden immer wieder als recht ruhiger Mensch beschrieben, wie er den Lesern anvertraut.

Aber Kritik an seiner Arbeit kann auch ihn verunsichern, wie er offenbart.

„Ich denke dann oft lange nach, ob ich nicht in einem Stück auf dem Holzweg bin, beispielsweise in Sachen Harmonie oder Handwerklichkeit. Aber immerhin kann ich nach all den Jahren sagen: Ich weiß was ich tue!“

Mein Gesprächspartner kennt, selbst als in sich weitgehend ruhender künstlerischer Geist, das unangenehme Gefühl, wenn man sich richtiggehend frustrierend ärgert. Er bekennt:

„Ja, in der Tat, beispielsweise wenn das Bild im Kopf sich nicht mit dem in Einklang bringen lässt, was am Ende aufgenommen ist, wenn man sich beispielsweise immer weiter davon entfernt.“

Und was freut den Musikus auf dieser Welt? „Sehr schwer im Moment zu beantworten, da auf dieser Erde so viel schief geht. Aber es ist immer wieder beeindruckend wenn sich die unterschiedlichsten Menschen ohne große Worte sofort verstehen. Beispielsweise in einer Jamsession oder auch einfach nur so bei der ersten Begegnung, wie es mir immer wieder passiert.“

Im Jahr 2009 hat Jochen laut eigenem Statement fast ausschließlich mit Fetisch Mensch live aufgespielt: „Die Bella Donna-Konzerte in Kirchen und Barocksälen gegen Ende 2008 waren aber allesamt sehr stimmungsvoll und großartig. In dieser Richtung möchten wir 2010 wieder mehr machen. Apropos 2010: Das Album `III` wird wie Fetisch Mensch erstmal als Download-Album bei Itunes Musicload Finetunes etc. erscheinen. Die CD kommt allerdings dann nach, und zwar mit additionalem CD-Rom-Track.“

© Markus Eck, 24.12.2009

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