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Interview: CARVED IN STONE
Titel: Tiefe naturreligiöse Überzeugung

Höchst stimmungsvollen Mystik Neofolk liefert Liedermacherin Swawa auf ihrem Debütalbum „Hear The Voice“. Texte und Konzeption sind dem Germanentum entlehnt, können also aus einem ebenso reichhaltigen wie reizvollen Fundus an sagenumwobenen Überlieferungen schöpfen. Und war bereits die hohe Musikalität des vorangegangenen Minialbums „The Forgotten Belief“ von außergewöhnlicher Qualität, sollte auch das neue Werk Liebhabern dieser Stilistik so Einiges zu bieten haben.

„Ehrlich gesagt habe ich keine bestimmten Erwartungen, was den Release von `Hear The Voice` angeht. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden mit dem Ergebnis der Aufnahmen und natürlich liebe ich diese Scheibe genau wie mein Minialbum, aber ich lasse mich von den Reaktionen auf das neue Album überraschen. Ich bin noch eine ziemlich kleine Nummer im Musikgeschäft, deswegen maße ich es mir nicht an, bestimmte Erwartungen zu haben. Bis jetzt gab es allerdings nur positive Echos, das freut mich natürlich enorm“, weiß die Bardin eingangs zu berichten.

Wie Swawa weiter erzählt, hat sie in jüngerer Vergangenheit sowohl an „Carved In Stone“ gebastelt als auch mit ihrer anderen Band zusammengearbeitet, einer Pagan Metal-Truppe namens Taunusheim.

„Ich spiele dort noch immer Keyboard. Außerdem sind alle Bandmitglieder ins Songwriting mit eingebunden. Ein weiterer Aspekt war für die angesprochene Veröffentlichungspause war, dass ich nicht gleich das Beste von meinem ganzen Carved In Stone-Material sofort verschießen wollte. Die Songs dafür sind teilweise schon acht bis zehn Jahre alt und ich habe noch etwa 70 Lieder zuhause, die nur darauf warten auf einem neuen Album zu erscheinen.“

Die Grundfrage, die sich Swawa auch für ihr neues Liederopus stellte, dominierte sämtliche künstlerische Geschicke für „Hear The Voice“, wie die vielseitige Sängerin erörtert.

„Ich fragte mich wieder, wie ich es wohl schaffen könnte, Dinge, die mir wichtig sind, unters Volk zu bringen, ohne dabei gewollt, aber gekonnt rüber zu kommen. Ich stamme aus der Metal-Szene, doch als Leadsängerin in einer Metal-Band zu singen, kam für mich nicht in Frage, da meine Stimme meinen Vorstellungen diesbezüglich nicht hätte entsprechen können, ich bin ja nicht Sabina Classen. Also folgte ich meiner anderen Leidenschaft: Der alten Musik. Dort bekam Carved In Stone dann ein Zuhause, und stimmlich konnte ich mich dort optimal ausdrücken.“

Laut Swawa wird bei Carved In Stone auch in Zukunft die akustische Musik mit alten Instrumenten als dominantes Element beibehalten werden.

„Allerdings schließe ich nicht aus, dass auf folgenden Alben auch E-Gitarren öfter zum Einsatz kommen werden, da sie einfach manchmal zur Stimmung passen und eine aggressive Situation noch unterstreichen können. Außerdem spielt eine sehr liebe Freundin von mir Gambe, eine Art mittelalterliches Cello, und ich will sie unbedingt mal für ein, zwei Lieder dabei haben.“

„All die Songs von Carved In Stone – sowohl vom Debüt „The Forgotten Belief“ als auch vom aktuellen Album „Hear The Voice“ – entstammen denselben Gedanken“, gibt Swawa preis.

„Dahinter steckt in erster Linie eine tiefe, naturreligiöse Überzeugung. Eine große Rolle spielt auch die Reise aus der heutigen Welt in eine längst vergangene Zeit bis hin zur Flucht in eine Welt, die vollkommen den Träumen und der Phantasie entspringt.“

Ihr lyrisches Konzept besteht zudem auch darin, die Leute zum Nachdenken zu bringen. „Sie sollen sich wieder an die längst vergangenen Geschichten und die alten Weisheiten unserer Vorfahren erinnern. Auf der anderen Seite sollen die mit ein wenig Fantasy angehauchten Songs – wie beispielsweise `Ungehorsam` – den Hörern den Weg in eine eigene Welt der Phantasie weisen.“

Mich interessiert, woher eine derartige Sehnsucht nach alten Zeiten im Herzen stammt.

Und wie zu erwarten tun sich Ansichten auf, welche sich mit den meinen decken. Swawa:

„Die heutige Welt ist laut und anonym, die Menschen leben bis auf wenige Ausnahmen in einer grauen Masse ohne Gesicht. Die Ideale sind verdreht, oft stehen Geld und Macht vor Ehre, Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Die Vergangenheit war aus heutiger Sicht für viele barbarisch, aber für mich ist es ehrlich gesagt barbarischer, wenn ein Bomberpilot einen roten Knopf drückt und damit hunderttausend Zivilisten durch Atombomben tötet, als wenn sich zwei Männer chancengleich Schwert gegen Schwert entgegentreten.“

Die Texte handeln zum einen von der Beziehung der Menschen zum Hohen Volk – oder zu den „Feen“, wie sie meistens genannt werden, zum anderen werden die alten germanischen Götter in den Liedern verehrt.

„Es geht um Helden, die in der Schlacht fallen und um Freiheitsgedanken, die einen jede Schmach ertragen lassen, solange man sich selbst treu bleibt. Und das Ganze ohne jeden faschistoiden Hintergedanken.“

Wie bereits erwähnt, hält meine Gesprächspartnerin die heutige Zeit für nicht weniger barbarisch als die Vergangenheit.

„Ich denke, dass die Leute damals viel mehr als heute in schwierigen Situationen zusammenhielten und – was für mich ein wesentlicher Punkt ist – dass sie die Natur viel mehr respektierten und in Eintracht mit ihr lebten, weil sie viel abhängiger von ihr waren als heute. In der heutigen Zeit fühle ich mich oft ziemlich fehl am Platze. Manchmal zweifle ich sogar daran, überhaupt im Inneren ein Mensch zu sein. Es gibt so viele Wesenszüge an den Menschen, die ich nicht verstehe und die ich nicht teilen kann. Vielleicht sollte ich eigentlich irgendein kleiner Wurzelgnom sein“, lacht die Musikerin herzlich.

Swawa bekundet – sofern man das ihrer Ansicht nach so sagen kann – gläubige Heidin zu sein. Und das lebt sie auch so kompromisslos als möglich aus.

„Ich bete regelmäßig und feiere die hohen Feste mit meinen eigenen festen Ritualen. Ich trage verschiedene Symbole meines Glaubens als unübersehbare Tattoos am Körper und habe die Gravur einer Odal Rune auf einem meiner Zähne – Odins Rune, das Zeichen für Heimat und Erbe. Ich meine, was ich sage, und ich sage mit der Musik von Carved In Stone, dass das Christentum sich zwar Mühe gegeben hat, aber dass es ihm nicht gelungen ist, den Glauben an die vorchristlichen Götter und Naturgeister vollkommen aus der Welt zu treiben. Ich sage auch, dass es jedem selbst überlassen ist, ob er seine Seele an Korruption und Nichtigkeit verkauft, oder ob er sich seine Träume und damit seine Persönlichkeit bewahrt.“

Die letzte Band, die sie wirklich beeindruckt hat, war Ensiferum als Vorband auf einem Finntroll-Konzert. Swawa erinnert sich:

„Die Jungs haben Finntroll an diesem Abend glatt an die Wand gespielt und mich sehr beeindruckt. Zu meinen Lieblingsbands zählen nach wie vor Gruppen wie Bathory, Naglfar, Catamenia, Desultory und Storm – auch wenn letztere nur ein einziges Album veröffentlicht haben. Ich mag atmosphärischen Metal. Allerdings stehe ich nicht so auf Frauen-Metal wie Nightwish und so einen Kram – da dominiert mir das Keyboard zu sehr und die Frauenstimmen nehmen dem Ganzen ziemlich viel von der Aggression. Weitere meiner Faves sind noch immer die alten Klassiker von Megadeth und Iron Maiden, als auch W.A.S.P. und alte Guns N' Roses – damit habe ich halt damals angefangen. Ich halte nichts von diesem Kleinkrieg der verschiedenen Hardrock- und Metal-Richtungen. Die letzen Tonträger, die ich mir persönlich gekauft habe, waren allerdings ziemlich Schizo: Der Soundtrack von `Das Piano`, `Italienische Arien`, gesungen von Cecila Bartoli und `Suomi Finland Perkele` von Impaled Nazarene – die Scheibe wollte ich schon immer mal haben, habe aber dauernd verpeilt, sie zu kaufen.“

Da Carved In Stone bisher immer ein Ein-Frau-Projekt war und ist, stellt sich es sich Swawa leider noch immer nicht gerade aufregend vor, selbst Konzerte zu geben.

„Ich ganz alleine mit meiner Gitarre, eine Dreiviertelstunde lang auf der Bühne? Die Vorstellung haut mich nicht um. Allerdings werde ich im September auf einen Live-Rollenspiel rumhängen – zum ersten Mal, ich freue mich schon drauf. Nach jahrelangem Pen & Paper wird das auch mal Zeit, wie ich finde. Ich habe eine Rolle als Teil der Dorfbevölkerung und werde abends in der Taverne, wenn die Stimmung es erlaubt, als Bardin spielen. Das wird interessant.“

Wir schließen das Gespräch mit obligatorischen kreativen Plänen für die Zukunft ab. „Ich werde nun bald mit Taunusheim deren neues Album auf die Welt loslassen und danach ein neues Album mit Carved In Stone herausbringen – in der Hoffnung, die Reaktionen werden wieder so gut ausfallen wie bisher. Vielen, vielen Dank an Euch alle für die Unterstützung. Heil sei den Hohen.“

© Markus Eck, 06.06.2004

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