Interview: | DOMINION III |
Titel: | Unerklärbar vertonte Mysterien |
Dominion III sind ein neues und innovatives Projekt von Dargaard-Mainman Alexander Opitz alias Tharen.
Hier werden gegenüber Dargaard verstärkt imposant erscheinende Black Metal-Elemente verwendet, die in Verbindung mit der einschneidenden Keyboard-Dominanz ein sphärisch und atmosphärisch geschwängertes Musikerlebnis der alles verzehrenden Art in den Hörer pumpen.
Mit vielen eingebrachten, deutschsprachigen Samples, die eine unheilschwangere und schaurige Szenerie auferstehen lassen, kann „The Hand And The Sword“, die aktuelle Debütscheibe von Dominion III, so einige Aufmerksamkeit für sich verbuchen.
Es lohnt sich vollauf, „The Hand And The Sword“ in aller Breite und Tiefe auf sich wirken zu lassen.
Denn mit diesem übermächtigen akustisch-emotionalen Reißer mitsamt seiner schier traumatischen Anmut hat Tharen sich nun selbst übertroffen.
Dominion III sorgen mit ihrem Debüt gar für einen psychedelischen Seelenschock. Und dafür, daß der Hörer von der ersten bis zur letzten Sekunde in Atem gehalten wird.
Tharen lässt sich von mir in seine kreativen Tarotkarten schauen.
Was war der Grund, neben Dargaard noch „Dominion III zu gründen, denkt man sich.
War der österreichische Musiker mit Dargaard nicht ausgelastet oder konnte er dort nicht alle seine Ideen verwirklichen?
„Beide Gründe sind richtig. Da wir ja prinzipiell nicht live spielen - wir wollten eine Ausnahme am Wave Gothic Treffen machen und sind damit ziemlich aufgelaufen -, habe ich genügend Zeit, neue Musik zu komponieren. Darunter gibt es viele Sachen, die einfach nicht zu Dargaard passen, weshalb ich Dominion III ins Leben rief, auch um wieder die etwas härtere Schiene zu fahren. Ich brauche Abwechslung um kreativ zu bleiben.“
Drei weitere Fragen folgen: Spielt Tharen das Material von Dominion III auch in der nahen Zukunft wirklich nicht vor Publikum?
Oder bleibt Tharen bei seiner Meinung, daß man live die Atmosphäre von Dominion III nicht im gewünschten Maße erzeugen kann?
Besucht er selbst gerne Live-Shows und wenn ja, welche?
„Ich glaube nicht, dass ich Dominion III jemals live vorführen werde. Es wäre vielleicht wegen der Power sogar mehr dafür geeignet als Dargaard, aber ich habe, simpel ausgedrückt, keine Lust und keine Zeit dafür. Durch das misslungene Wave Gothic Treffen bin ich wieder einmal darin bestätigt worden, dass Konzerte in erster Linie Stress bedeuten, und ich als Österreicher bin natürlich der etwas gemütlichere Mensch“, gibt er mir lachend zu Protokoll.
Schon die Dargaard-Alben hatten einen prickelnden und geheimnisvollen Spirit inne, der die Sinne regelrecht betäuben kann. Aber mit dieser neuen Scheibe ist er in dieser Richtung noch mal einen ganz großen Schritt nach vorne gegangen.
Wodurch also sollen sich seiner Meinung nach die beiden Formationen letztlich unterscheiden beziehungsweise auf welche speziellen musikalischen Faktoren hat Tharen dabei jeweilig sein primäres Augenmerk gelegt?
„Bis auf den Punkt, dass beide Bands auf Keyboards basieren, gibt es recht wenig Berührungspunkte, denke ich. Dominion III hat eine intensive Rhythmik, verzerrte Sounds und Stimmen und eine etwas düsterere, hoffnungslose Atmosphäre, `Apocalyptic Electronic Music` eben.“
Glaubt der Mann an die Macht der Sterne und Horoskope? Eine Frage, die sich wegen der großen Spiritualität seiner beiden musikalischen Kinder geradezu aufdrängt.
„Daß die Gestirne einen physischen genauso wie einen psychischen Einfluss auf das Leben auf der Erde haben, steht für mich außer Frage. Ich glaube aber nicht an Horoskope, da ich ein Verfechter der Chaostheorie bin, und mich weigere, an Vorbestimmung zu glauben.“
Was sind Tharens Erfahrungen mit Journalisten, welche ja oft über Aufstieg und Fall einer Band entscheidend mitwirken können?
Ich behaupte, daß der Großteil von der jeweiligen Materie wenig Ahnung hat, was erklärt, warum so viele tolle Scheiben oft so verrissen werden oder so wenig Beachtung finden, weil es ja fast immer auch um Geld geht.
Irgendwelche „lieben Grüße“ an einen der Schreiberlinge der Vergangenheit?
„Eigentlich haben wir hauptsächlich gute Kritiken bekommen, ich kenne aber bei weitem nicht alle. Wenn jemand glaubt, uns absichtlich verreissen zu müssen, ist mir ehrlich gesagt ziemlich scheißegal.“
Auf der gesamten Veröffentlichung nimmt die erzeugte Stimmung, die sich stellenweise turmhoch aufzubauen droht, immer wieder gerne raffinierte Wendungen in alle Richtungen humaner Emotionalität.
Beim Hören der Lieder fühlt man sich hin und her gerissen zwischen längst verloren geglaubten Gefühlsregungen, derer man sich schon gar nicht mehr so recht bewußt war, was eine unabdingbare Erfahrung darstellen kann.
Ist der Kerl gerne in Tagträumen versunken? Bei der Musik von Dominion III drängt sich dieser Verdacht schnell auf.
„Ah, ja; war, schwer zu erkennen, nicht? [lacht] Ich bin sogar ziemlich oft woanders, beim Anhören von Dominion III zum Beispiel habe ich oft Tagträume von postapokalyptischen Szenerien, wie beispielsweise im Lied `Apocalyptic Views`, dessen Lyrik von von einer zerstörten Stadt im nuklearen Winter nach einem Atombombenangriff handelt. Das Konzept unterscheidet sich also ziemlich stark von Dargaard.“
Wie stellt sich ein kreativer Geist wie Tharen sich seine Zukunft vor? Was sind seine Pläne für dein weiteres Dasein? Und was glaubt er, wird in 100 Jahren auf der Erde los sein?
„Tja, ich werde wohl noch einige CDs aufnehmen. Außerdem werde ich vielleicht als Tontechniker oder Grafiker arbeiten. Ansonsten habe ich noch nicht so viele Pläne. Die Erde ist in 100 Jahren meiner Meinung nach entweder zerstört oder geheilt oder beides.“
Ich bitte ihn anschließend, mir etwas über seine musikalische Laufbahn zu berichten.
Hat Tharen schon immer davon geträumt, Musik dieser Art zu machen oder wollte er etwa wie so viele Lokomotiv-Führer oder Astronaut werden?
„Eigentlich wollte ich ja Zoologe werden! [grinst ebenso breit wie dreckig] Ich konnte mit fünf Jahren die lateinischen Namen von zahllosen Tieren auswendig. Aber dann habe ich mit Abigor angefangen. Tja, und dann ging alles ziemlich natürlich in Richtung Musik los. Nach meinem Ausstieg als Sänger habe ich dort noch Keyboards gespielt, dann kam Amestigon, dann Dargaard, schließlich spielte ich noch für Heidenreich und nun mit Dominion III.“
In einem fast schon klaustrophobischen Horrortrip, der an das apokalyptische Ende unseres Daseins führt, zeigt „The Hand And The Sword“ die imaginäre Endzeit-Verlorenheit und die hypothetische Verzweiflung eines Individuums auf, das der lähmenden Resignation nahe steht.
Wenn der Österreicher einem Außerirdischen begegnen würde, der ein neues Domizil sucht und sich daher nach den Zuständen auf der Erde erkundigt, was würde Tharen dem Alien dann wohl erzählen?
„Sie sieht blau aus, die meisten Bewohner sind es auch, also gibt es kein großes Problem dabei, die Erde zu übernehmen! Andererseits gibt es sicher lohnenswertere Ziele irgendwo da draußen.“
© Markus Eck, 23.11.2000
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