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Interview: GRAVEN
Titel: Hass und Dunkelheit

Trommelschläger Vronth hatte es wahrlich nicht leicht die letzten Jahre. Nachdem sein ehemaliger Mitstreiter Vargsang den Abgang gemacht hatte, stand der Drummer erstmal alleine da, was Graven anbelangt. Dabei machten die beiden gehässigen Schergen mit dem tollen 2002er Debütalbum „Perished And Forgotten“ einen gleichfalls eigenständigen wie qualitativen und berauschend misanthropischen Auftakt.

Herzlos grimmige Zornesmusik wurde da mit aller Häme zelebriert. Verdammt räudige Klänge, die sich in bester Old School Black Metal-Manier á la Gorgoroth, Darkthrone und Carpathian Forest manifestierten. Und während Vargsang mit „Call Of The Nightwolves“ und vor nicht allzu langer Zeit mit „Throne Of The Forgotten“ bisher zwei Scheiben unters Schwarzmetaller-Volk brachte, hörte man von Graven nichts mehr. Bis jetzt, denn zusammen mit den beiden Neuen, dem Saitenmann Mardar und Ausnahmevokalist Zingultus, rückt Vronth endlich wieder ein neues Album raus: „The Shadows Eternal Call“.

„Mardar ist `noch` ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, was sich aber mit der aktuellen Graven-Veröffentlichung entscheidend geändert hat“, stellt Vronth eingangs fest.

Er ergänzt: „Er ist ein mehr als talentierter Songschreiber und das Beste, was Graven überhaupt passieren konnte. Ich denke, er wird in Zukunft noch mehr zeigen, wozu er fähig ist. Zingultus muss ich wohl nicht länger vorstellen. Durch sein Schaffen bei Graupel und Nagelfar dürfte der Name ein Begriff sein. Ich bin ihm auf ewig dankbar, dass er sich nach den diversen, chaotischen Umständen im Vorfeld dazu bereit erklärt hat, beim aktuellen Album mitzuwirken.“

In erster Linie, so bekennt mir der Drummer, ist es die Musik an sich, welche die Gruppe vereint.

„Die Bandchemie ist heutzutage einheitlicher. Zwischen Mardar und mir herrscht einfach eine nicht zu beschreibende Harmonie. Was sich in den Liedern auch widerspiegelt. Auf Grund der Entfernung weilt Zingultus eher sehr selten unter uns. Aber ich würde auch ohne mit der Wimper zu zucken die Hand für ihn ins Feuer legen. Die kurze Zeit gemeinsam im Studio war mehr als angenehm und ich bin heute noch sprachlos über die Art seines Schaffens auf der aktuellen CD. Es ist ein sehr gutes Gefühl, dass es nach all den Anstrengungen und Hindernissen in den letzen drei Jahren endlich weiter beziehungsweise voran geht.“

Was seinen ehemaligen Mitstreiter Vargsang sowie dessen musikalisches Schaffen angeht, darüber hat Vronth nicht viel zu sagen. Außer: „Ich halte Ihn nach wie vor für einen sehr talentierten Songschreiber, was auf seinen Veröffentlichungen ja auch zu hören ist.“

Das aktuelle Graven-Album „The Shadows Eternal Call“ ist die logische Weiterführung der letzten Veröffentlichung „Perished And Forgotten“, wie Vronth im Weiteren klarstellt.

„Die Songs sind meiner Meinung nach eingängiger und erfassen einen mehr beim Hören. Der `Metal-Anteil` wurde deutlich nach oben geschraubt und die Songs peitschen einfach direkter nach vorne. Auch was die Atmosphäre auf dem Album betrifft, bin ich der Meinung, dass das Ganze diesmal deutlich erdrückender ausgefallen ist. Was man wohl am markantesten im Titelsong erkennen kann.“

Der neue Langspieler wurde wie der 2002er Albumvorgänger im Sound-Art Studio in Rosslau, Sachsen-Anhalt, aufgenommen: „Ebenfalls wie beim letzten Mal benötigten wir dafür zehn Tage plus Mix. Die Zusammenarbeit im Studio war hervorragend. Man kannte sich ja schon und alles schien irgendwie stressfreier. Im Nachhinein sind wir selbst sehr zufrieden mit dem Album. Es war eine sehr nervenaufreibende Arbeit, bis das Resultat stand. Und unter den vergangenen Umständen ist es definitiv die beste Graven-Veröffentlichung.“

Stellt man ihm nun die Frage, ob die aktuellen Songs direkt aus dem Bauch heraus oder eher aus gut durchdachten Ideen heraus entstanden sind, legt sich der Schlagzeuger eindeutig auf die Bauch-Variante fest. „In der Regel wird auf diese Weise ein Grundgerüst erstellt, an dem solange gebastelt wird, bis Mardar und ich zufrieden sind. Er hat in dieser Hinsicht das gewisse Feingefühl, für sägende Riffs. Er macht das Allermeiste sowieso im Alleingang und später wird wie gesagt daran gebastelt.“

Einflüsse und Inspirationen für „The Shadows Eternal Call“ waren in erster Linie Hass und Dunkelheit, so Vronth.

„Wichtig war uns, davon ausgegangene Inspirationen in die richtige, erdrückende Atmosphäre zu packen. Das war und ist Ziel jeder Graven-Veröffentlichung. Als Inspirationsquelle lässt jeder von uns seinen Gefühlen und Empfindungen freien Lauf, um das Resultat in Form von Riffs und Texten etc. zu einer Einheit zusammen zu bringen.“

Einen typischen Graven-Song beschreibt der Fellschinder in diesem Kontext folgendermaßen: „Dass eine erdrückende, vielleicht auch misanthropische Atmosphäre abwechslungsreich und direkt in Szene gesetzt wird. Ich denke so kann man das in einem Satz sagen.“

Songtexte spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle. „Weshalb ich es auch nicht für nötig halte, diese in irgendeiner Form abzudrucken oder zu veröffentlichen. Die Musik spricht völlig für sich und wird quasi von den lyrischen Ergüssen lediglich untermalt. Die Hörer können unsere Lyriken interpretieren, wie sie wollen, kann ich da nur sagen. Ich denke, jeder, der sich tatsächlich damit auseinandersetzt, wird seine eigene Interpretation darauf finden. Wie schon gesagt, da die Texte für mich nur eine untergeordnete Rolle spielen, ist mir die Auseinandersetzung damit auch nicht sonderlich wichtig.“

Trotzdem ließ ich da natürlich nicht locker. Also: „Die Texte handeln im Allgemeinen über dunkle, hasserfüllte, vielleicht auch apokalyptische persönliche Gedanken. Eine eigene Abrechnung mit dieser kranken Welt da draußen. Unsere Texte entstehen, wie die Musik, aus dem Bauch heraus. Man könnte es vielleicht als eine Art von Therapie für das Innere sehen: Nachdem alles niedergeschrieben beziehungsweise gesagt ist, ist eine gewisse Ausgeglichenheit wieder hergestellt. Der ausgestreckte Mittelfinger wurde der Menschheit in Form von Schriftgut erneut präsentiert. Wahrscheinlich muss man dazu schon einen leichten misanthropischen Hang haben. Aber lieber so, als sich dieser abartigen, konsumgeilen Gesellschaft zu beugen. Daher wohl auch das Interesse für speziell diese Art von Texten.“

Man hört beziehungsweise liest immer mal wieder die seltsamsten Gerüchte in Verbindung mit dem Bandnamen Graven, über die politische Gesinnung beziehungsweise die völkische Einstellung zur Gesellschaft, die hinter Graven steckt.

„Warum diese Gerüchte aufkommen? Die Leute reden einfach zuviel und kümmern sich nicht um wichtige Dinge. Ich würde niemals auf die Idee kommen in irgendeiner Form Politik mit Graven zu betreiben. Ich sehe mich in politischer Hinsicht einfach als Realist. Und wenn verschiedene Leute meinen, dadurch jemanden in eine bestimmte Ecke drängen zu können, bitteschön. Die Gesellschaft beziehungsweise Menschheit macht es einem da schon leicht, so extrem darüber zu texten. Irgendwann wird der Punkt erreicht sein, wo es nicht mehr weiter gehen kann. Es wird früher oder später in irgendeiner Form einen mächtigen Eklat geben. Dann werden die Meisten schon wieder zur `Realität` zurückfinden. Jahrtausende der Geschichte haben gezeigt, was allein der simple Glaube beziehungsweise Religionen anrichten können. Und plötzlich soll das im 21. Jahrhundert funktionieren? Den Gegenbeweis haben wir doch im Prinzip vor der Türe, wo sich immer mehr Parallelgesellschaften entwickeln. Wie soll das alles in unserer heutigen, von Konsum gesteuerten, schnelllebigen Zeit unter einen Hut gebracht werden? Ich werde gespannt auf den großen Knall warten und mit Sicherheit nicht überrascht sein. Es bleibt den Leuten doch überhaupt keine Zeit, über ihr Leben nachzudenken. Man wird von den Medien regelrecht so zugeschissen, dass kein Platz bleibt, sich individuell zu entfalten. Wie soll jemand Zugang zu spirituellen Dingen finden, wenn er Angst hat, nicht den neuesten Handy-Klingelton, oder irgendein aktuelles Trend-Kleidungsstück zu besitzen und dadurch seine gesellschaftliche Stellung gefährdet sein könnte? Mag übertrieben klingen, aber im Prinzip ist es doch so.“ Exakt.

Mit dem Label Undercover Records ist man zufrieden im Hause Graven. „Sie haben bisher alle Rechnungen gezahlt und machen alles im Rahmen des Möglichen, denke ich. Mehr kann und will ich auch nicht erwarten. Über den lästigen `Business-Kram` will ich mich hier auch nicht auslassen. Jeder der Musik macht und einigermaßen ernsthaft drinhängt, weiß was ich meine.“

Musikalische oder sonstige Ziele wurden, zumindest von seiner Seite, nicht direkt gesetzt, offenbart mir Vronth nachfolgend. Einzig: „CDs veröffentlichen zu können und musikalisch immer besser zu werden. Wenn jemand Zugang zu unserer Musik findet, ist es mir total egal, aus welchem ursprünglichen Genre derjenige kommt oder welchen Hörerkreis das mit einschließt.“

Das aktuelle Frontcover-Artwork dazu wird der furiosen und bösen Anmut der Musik meiner Meinung nach nicht ganz gerecht. Wir erfahren dazu:

„Da teile ich deine Meinung nicht so ganz. Die Künstlerin hat das Cover nach dem Text und des Hörbeispiels des Titelsongs in Szene gesetzt. Und das Ergebnis passt wie die Faust aufs Auge. Auf die komplette CD bezogen, mag es vielleicht etwas abweichen. Aber auf den Titelsong bezogen ist die Darstellung perfekt geworden. Das Cover spiegelt diesen Song zu 100 % wieder.“

Das Thema Live-Auftritte ist bei Graven ja so eine leidige Sache, wie Insider wissen. Wir erfahren: „Nachdem beispielsweise unser Sänger Zingultus nicht gerade um die Ecke wohnt, wird sich das nach wie vor als sehr schwierig erweisen. Ich denke, irgendwann wird es das eine oder andere Konzert von uns schon geben. Aber wann und wo steht noch in den Sternen. Im Moment steht jedenfalls gar nichts auf dem Plan. Ich setze die Live-Aktivitäten von Graven aber auch ganz klar nicht als wichtige Priorität.“

Was die von mir anschließend angesprochene Bühnenshow anbelangt: Das ist auch ein Grund, der Vronth eigentlich eher abschreckt. „Wenn wir live spielen, muss auch gewährleistet sein, dass wir die Atmosphäre komplett rüberbringen können. Das ist mit einem größeren Aufwand zu betreiben. Um einfach nicht als 0815- Truppe auf der Bühne zu stehen. Und das ist für mich einfach Stress, den es zu vermeiden gilt. Aber irgendwann wird es dann schon soweit sein. Wir arbeiten langsam, aber stetig darauf hin. Allerdings was dann auf der Bühne zu erwarten ist, kann ich jetzt absolut noch nicht sagen.“

Eine Tour zum neuen Album wird es wie erwähnt wohl keine geben. Aber: „Mardar arbeitet bereits an neuen Liedern. Wir werden diesmal mit Sicherheit nicht wieder solange für ein neues Album brauchen. Ich danke dir, Markus, für die Unterstützung. Ich danke auch allen, die Graven ebenfalls unterstützen. Bei Interesse kann man einen Blick auf die Graven-Netzseite www.graven-horde.de werfen.“

© Markus Eck, 03.02.2006

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