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Interview: KNUD SECKEL
Titel: Thematisch im zwölften Jahrhundert

Als Bardenkehle sowie als Drehleier- und Harfenmann wurde er bislang bekannt, doch auch an der Langhalslaute und am Dudelsack machte der Sympathikus Knud Seckel bislang eine gute künstlerische Figur. Kein Wunder, frönt er doch bereits seit 1968 intensiv allerlei historischen Klängen. Mittels gut genutztem Gesangs- und Instrumentalunterricht brachte er sich bislang auch erfolgreich in verschiedene Solistenensembles und als Instrumentallehrer ein.

Und auch mittels in Heidelberg abgeschlossenem Studium in Romanistik, Kunstgeschichte und Musikwissenschaft ist der historieninteressierte Hesse in der Lage, seine musikalische Kunst hochgradig authentisch und nachvollziehbar zu inszenieren.

Demnächst können die Hörer sogar ein Konzeptalbum namens „Richard Löwenherz - König, Kreuzfahrer und Troubadour“ über die berühmte Figur Richard Löwenherz von ihm und seinen Spielleuten genießen.

„Im Leben des Richard Löwenherz tauchen alle Bereiche mittelalterlicher Musik auf. Sie war für uns ein guter Aufhänger, um Musik der Troubadoure, orientalische Musik, Minnesang, Epik und geistliche Musik zusammenzubringen, die sonst in einem Konzeptalbum nicht zusammenpassen würden. Dies anhand einer heute noch bekannten Figur greifbar zu machen, war für uns sehr reizvoll“, offenbart der Meister in bester Erzähllaune.

Ich erkundige mich sogleich, um welche Lebensabschnitte der Löwenherz-Vita sich die kommenden Liedertexte drehen und woher das Interesse an den lyrischen Themen der neuen Lieder rührt. Knud hierzu:

„Es sind ja keine neuen Lieder die wir spielen, sondern Lieder von ihm, über ihn und aus seinem Umfeld. Die Quellenlage ist da erstaunlich gut. So versuchen wir die gesamte Vita des Richard Löwenherz darzustellen. Von seiner Jugend am aquitanischen Hof über die Krönung als König von England bis hin zum dritten Kreuzzug. Dieser bringt ihn ja auch mit Saladin in Berührung. Zeitgleich bricht ja auch Kaiser Barbarossa aus Deutschland auf. Die Gefangennahme in Österreich und Deutschland bringt ihn mit der höfischen Kultur der Staufer in Berührung, bevor er dann wieder gegen hohes Lösegeld freikommt. Sein früher Tod stürzt die Troubadoure in eine tiefe Trauer. Ein unglaubliches Leben in kurzer Zeit. Das alles ist der Hintergrund auch für Troubadour- und Minnesang, der in dieser Zeit seine Blüte hat.“

Richard Löwenherz wurde, so der aussagefreudige Multiinstrumentalist direkt im Anschluss, schon zu Lebzeiten legendär: „Er wurde verglichen mit Artus und seiner Tafelrunde, darin liegt für mich der Reiz. Es ist definitiv nicht die Ritterromantik und Hollywood, die der Figur ja ihre eigene Interpretation aufdrückten.“

Wie er weiter zu berichten weiß, hatte Knud einmal zu einem Geburtstag in den 1980ern eine Biographie von Löwenherz geschenkt bekommen. „Die fiel mir bei einem neuerlichen Umzug dann wieder in die Hände. Damals hatte ich sie nicht gelesen, denn sie war so trocken und faktenbezogen geschrieben, aber vor vier Jahren war das genau richtig. Natürlich stöbert man auch die ganzen Nebengeschichten nach und recherchiert viele andere Personen und deren Auswirkungen auf die Vita von Löwenherz.“

Wir sprechen auch noch darüber, ob es denn auch genug verlässliche Informationen zu den historischen Gegebenheiten um den alten Löwenherz beziehungsweise die historische Musik über ihn aus den alten Tagen gibt.

„Die Geschichtsschreibung über Löwenherz ist manchmal stark geprägt von Glorifizierung. Dennoch gibt es gute Quellen über ihn. Bei der Musik selbst ist man als Musikwissenschaftler gefragt, denn die Lieder sind ja nicht in Partituren überliefert. Die Troubadourdichtung ist noch zumeist mit Neumen überschrieben, wenn überhaupt Musik zu Texten vorhanden ist. Bei den Minneliedern muss man vielfach dann Kontrafakturen mit französischen Handschriften machen, wenn es biographisch und inhaltlich passen könnte.“

Das neue Album „Richard Löwenherz - König, Kreuzfahrer und Troubadour“ soll nach dem letzten Album mit Minnesang nun eine Momentaufnahme der Musik der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts sein.

„Dies beinhaltet natürlich auch Minnesang und Troubadourlieder, aber auch Musik aus dem Orient und frühe Mehrstimmigkeit spielen dabei eine Rolle. Alles vor dem Hintergrund, dass die einzelnen Stücke einen zwingenden direkten Bezug zu der Figur des Richard Löwenherz haben. Und das Werk soll dies bereits gut im Titel einfangen. Wir spielen auf Instrumenten des Mittelalters, das heißt, auf Flöten, Drehleier, Cister, Harfe, und diversen Perkussionsinstrumenten wie Rahmentrommel und Darbouka. Und natürlich gibt es Gesang, der immer wieder auch im Vordergrund steht. Bei der Erarbeitung der Stücke gebe ich in der Regel eine Idee vor, die dann gemeinsam verändert wird, bis das Stück zu Musik geworden ist. Denn erst, wenn es alle beteiligten Musikanten verinnerlicht haben, fängt es ja an zu leben.“

Würde Meister Knud gerne mal einen Tag mit dem guten alten Löwenherz tauschen wollen beziehungsweise, falls ja, welche Lebenssituation von ihm würde er erleben wollen?

„Mit ihm tauschen würde ich am Anfang seines Lebens, als er die Jugendjahre ohne Aussicht auf den Thron verbringt. Die Schöngeistigkeit Südwestfrankreichs nimmt mich noch heute gefangen. Ich wäre später dann gerne ein Troubadour im Gefolge des Richard Löwenherz. Nicht unbedingt Blondel, dem stand er ja vielleicht etwas zu nahe.“

Gegenwärtig freut sich der Minnesänger, was das restliche Jahr 2011 betrifft, laut eigener Aussage jedenfalls am allermeisten auf das Konzert zur CD-Veröffentlichung von „Richard Löwenherz - König, Kreuzfahrer und Troubadour“ beim Festival Medieval im September, aber auch auf die vielen kleineren Auftritte.

© Markus Eck, 28.04.2011

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