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Interview: SALEM
Titel: Hebräische Stahlgewitter

Diese orientalischen Schwarzstahlpioniere sind neben faszinierenden Okkultbesessenheitshorden wie beispielsweise Arallu, den mesopotamischen Mystikern Melechesh oder Death Metal-Melodikern wie Orphaned Land eine der rar gesäten Dunkelmetallverfechter ihrer Heimatstadt Israel. Richtig gelesen: Israel.

Gegründet 1985 unter dem bis dorthin reichenden Einfluß der seinerzeitigen Klangwelle neuzeitlich härtesten Musizierens, haben sich Salem bis heute ihre lodernde Passion für ihre auserkorene Stilistik bewahren können, ja sogar zudem noch höchst ertragreich zu kultivieren verstanden.

In ihrer Heimat kennt und respektiert man sie, im Underground liebt man sie. Beide Einstellungen sollten sich nun bald auch in hiesigen Breitengraden weitreichend manifestieren. Denn dieser Tage erreichte ihr neues und viertes Album „Collective Demise“ die Shops. Für Vokalist Ze'ev Tananboim ist das aktuelle Werk ein Resultat harter Arbeit.

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Album, schließlich feilten wir auch die letzten 18 Monate an `Collective Demise` herum. Es erschien am achten Juli 2002 in Israel und wurde von uns mit einem Präsentationskonzert flankiert. Bei diesem Gig verkauften wir schon allein 750 Kopien davon und unser israelischer Distributor Raven Music berichtete mir vor kurzer Zeit, er habe auch schon 1.000 Stück abgesetzt. Leider habe ich die exakten Zahlen der Europaverkäufe bisher noch nicht erhalten, aber wir hoffen das Beste“, gibt der Sänger eingangs preis.

Wie bei sonstigen bisherigen Interviews zum derzeitigen Album vermutlich üblich, soll Ze'ev darlegen, wie man als Extrem-Band dieser Kategorie überhaupt in einer so hochreligiösen Stadt wie Israel existieren, geschweige denn live auftreten kann, ohne massive behördliche Behinderung zu erfahren beziehungsweise nicht ständig eingesperrt zu werden. Wir erfahren:

„Selbstverständlich hatten wir vom Anfang weg immense Schwierigkeiten, aber Salem ließen sich niemals in ihren Ansichten oder ihrer Stilistik zu Kompromissen verleiten oder gar zwingen. Auch, wenn wir natürlich Probleme mit Religions-Institutionen oder der Regierung hatten.“

Doch mittlerweile hat sich dies beruhigt: „Als wir unser zweites Album `Kaddish` veröffentlichten, gab es einigen Trubel hier. Wir hatten darauf nämlich ein traditionelles Lied namens `Ha'ayara Boe'eret` gecovert. Das althergebrachte Stück genießt in unserer Heimat immens hohen Respekt, was natürlich damals sofort eine Unmenge von aufgebrachten und lauten Kritikern auf den Plan rief. Doch wir argumentierten damit, daß wir mit dem Nachspielen des Stücks ein wertvolles altes Kulturgut gepriesen beziehungsweise wiederbelebt haben. Das wurde zum Glück eingesehen und seitdem herrscht in dieser Hinsicht Ruhe und Salem genießen absolute Rede- und Kreativitätsfreiheit.“

Wer hätte das gedacht? Er ergänzt: „Heutzutage ist die überwiegende Mehrheit der Menschen in Israel eigentlich nicht mehr so ungemein religiös, wie das bei euch oftmals angenommen wird. Wir selbst haben eigentlich auch kein so gravierendes Problem damit; das größte Übel ist unserer Meinung nach, daß immer noch versucht wird, die Religiosität mit aller Kraft in die Hirne der Leute zu pressen und ihnen eine bestimmte Geisteshaltung aufzuzwängen. Dies macht uns als Menschen und als Band natürlich sehr zornig, so daß wir mit Salem schon eine gute Kompensationsmöglichkeit für unseren Unmut darüber gefunden haben. Der Metal an sich gewinnt zudem auch immer mehr an Macht in den Köpfen der Kids, sie unterstützen die Bands und kommen zahlreich zu den Shows. Ich mag die Musik von Melechesh und Arallu übrigens sehr und wir sind gute Freunde. So produzierte ich die beiden Arallu-Alben und unser Drummer Nir Nakav traktierte auf beiden Scheiben die Felle. Ansonsten ist es bei uns wie überall anders auch: Die Metalszene hier bei uns in Israel hat ihre Höhen und Tiefen, wie in anderen Ländern auch, neue Bands kommen und gehen ständig. Momentan gibt es hier noch einige andere gute Bands wie Nail-Within, Lehavoth, Untropia, Eternal Gray oder auch Sleepless.“

Endlich erhalte ich von Ze'ev auch Antwort auf die Frage, welche Band denn nun eigentlich die erste Black Metal-Truppe in Israel war; Melechesh?

„Nein, Salem war die erste Black Metal-Band in Israel. Wir gründeten uns 1985, unser erstes Demo erschien ein Jahr später und wurde als Black Metal bezeichnet. Und unser Debütalbum `Creating Our Sins` erschien 1992 bei einem deutschen Label. Melechesh wurden laut meines Wissens vor sieben oder acht Jahren gegründet, also zwischen 1994 und 1995.“

Sieh mal einer an. Und weil wir schon dabei sind, den doch sehr abendländisch klingenden Bandnamen haben die Kerle entgegen allen Erwartungen aus den USA: „Salem ist ein US-Bundesstaat, der in seiner Vergangenheit Hexenjagd betrieben hat. Als wir uns nach ihm benannten, war er absolut passend und auch authentisch, denn wir behandelten damals viele diabolische Thematiken in unseren Songs.“ Das ist ja hochinteressant, den allerwenigsten Lesern dürfte dieser geschichtsträchtige Fakt geläufig sein.

Inspirative Einflüsse erhalten Salem in ihrer Heimat mehr als genug, was Ze'ev und die Band immer wieder in ihren Tracks verarbeiten.

„Anfänglich wurden wir zwar massiv von Black Sabbath, Bathory, Sodom oder auch Kreator beeinflußt, doch mit den Jahren wurde das gefährliche Leben hier bei uns zum denkbar größten Einfluß. Es ist in Israel unmöglich, sich den mitunter schrecklichen und schockierenden Nachrichten zu entziehen, sie üben daher einen großen Effekt auf das tägliche Leben der Menschen hier aus. So auch auf uns. Wir verarbeiten das meiste davon in unseren Songs, in denen mitunter auch traditionelle israelische Musikmuster Verwendung finden. Und gerade durch letztgenannte Kompositionspraktik unterscheiden wir uns doch sehr von den meisten Bands hier.“

© Markus Eck, 15.09.2002

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