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Interview: SALTATIO MORTIS
Titel: Stets klar nach vorne schauend

Obwohl sie über all die Jahre mit Fleiß, Beharrlichkeit und Überzeugung zu einer der erfolgreichsten Formationen des Mittelalter Rock avancierten, sind Saltatio Mortis tief im Innern ebenso leidenschaftliche wie bodenständige Spielleute geblieben.

Stilistische Seitenstraßen nahmen die Beteiligten immer wieder gerne, doch die Hauptroute wurde nie aus den kreativen Augen verloren. Gegründet im Jahr 2000, konnten die Karlsruher Spielfreudigen auch mit dem 2015er Album „Zirkus Zeitgeist“ unterstreichen, dass ihnen weder gute Ideen noch die Fähigkeit zu allerlei schlitzohriger Kritik ausgehen.

Auf den Bühnen ist die genreübergreifend beliebte Bande zudem so viel unterwegs, dass einem allein schon beim Lesen der jährlichen Konzertdaten beinahe die Puste ausgehen kann. Bislang zelebrierten Saltatio Mortis mit ihren Anhängern über 1.000 gespielte Konzerte, was auch noch immer Gigs auf akustischen Mittelalterveranstaltungen mit sich bringt.

Und die Fans honorieren dies entsprechend: Von den bisher auf den Markt gebrachten zehn Studioalben schafften es sowohl „Das schwarze Einmaleins“ als auch „Zirkus Zeitgeist“ auf Platz eins der deutschen Albumcharts.

Als optimaler Rundum-Überblick über das bisherige Schaffen des beständigen Notentrupps um Sänger und Energiebündel Alea der Bescheidene ist jetzt das Doppelalbum „Licht & Schatten“ konzipiert.

Abgedeckt wird darauf die Zeit seit der Gründung bis 2014, inklusive bekanntlich breiter musikalischer Vielfalt. 


Wie sich Schlagzeuger und Perkussionist Lasterbalk der Lästerliche beim gemeinsamen Rückblick erinnert, ging das Ganze damals eher entspannt und gelassen los. „Als wir uns 2000 zusammenfanden, waren wir eine kleine, lose Gruppe von Musikern. Wir hatten zwar den gleichen Proberaum, waren aber noch weit davon entfernt, eine richtige Band zu sein. Hauptsächlich spielten wir zunächst noch als typische Straßenmusikanten und enterten hin und wieder eine Bretterbühne. Zu einer ernstzunehmenden Mittelaltermarktkapelle mussten wir uns erst noch hochspielen. Wir weiteten unsere Aktivitäten immer weiter aus und sind in Folge auf fast allen Märkten irgendwann mal aufgetreten, welche diese Republik so kennt. Und wir wurden gerne gebucht“, freut sich der Schlagwerker. 


2001 erschien das Debütalbum „Tavernakel“, auf welchem eigenständig tradierte Mittelalter Folklore zu hören ist.

Parallel fingen diese Musikanten neugierig damit an, so Lasterbalk, sich neben historischer Folklore auch mit elektronischen Sounds auseinanderzusetzen.

„Daraus entstand ‚Das zweite Gesicht‘, unser spezielles Experimental-Album. Das hat natürlich mit unserem heutigen Stil nichts mehr zu tun. Überhaupt haben wir in den letzten 15 Jahren schon einen ziemlichen Weg zurückgelegt. Eine ziemlich lange Zeit für eine Musikgruppe. Und was nun ‚Licht & Schatten’ angeht, so blickten wir dafür bewusst bis zu den Anfängen zurück. Eine Best Of-Veröffentlichung ist immer ein schwieriges Thema. Natürlich auch für uns. Wir sind innerhalb von Saltatio Mortis auch beileibe nicht immer einer Meinung. Und insbesondere bezüglich der aktuellen Doppel-CD gab es so einige Diskussionen über Sinn und Unsinn derselben. Gerade in Zeiten von iTunes, Playlists und weiteren digitalen Hörgewohnheiten der Konsumenten stellt sich durchaus berechtigt die Frage, inwieweit so eine Best Of-Platte überhaupt noch relevant ist.“



Es gibt aber eben laut Lasterbalk auch noch andere Stimmen in Saltatio Mortis, die sagen, sie hören immer noch lieber CDs als beispielsweise MP3s. „Gerade für diese Bandmitglieder ist so etwas einfach eine gestandene Angelegenheit im Gegensatz zur oftmals lieblosen, rein digitalen Ausführung. Diese Menschen, oftmals auch begeisterte Sammler, wollen ihre Alben etc. gerne im heimischen Regal stehen haben. Letztendlich haben wir uns dann hierfür darauf geeinigt, dass es keinen Sinn ergibt, eine Mittelalterband nach ihrem Anachronismus zu fragen. Dementsprechend, so kamen wir zu der Ansicht, darf man auch mal so etwas Anachronistisches wie eine Best Of machen.“



Der eigentliche Anlass für „Licht & Schatten“ war aber vertraglicher Natur, hängt der Schlagzeuger an.

„Napalm Records haben laut Kontrakt mit uns das Recht, so eine Veröffentlichung zu machen. Und die Entscheidung des Labels für das Release-Datum fiel eben auf die jetzige Zeit. Wir erachteten es daher als ziemlich albern, da groß dagegen anzugehen beziehungsweise viel herumzumäkeln. Ich kenne diverse Geschichten von befreundeten Bands, wo so etwas sehr angespannt und komplikationsreich ablief. So etwas kam für uns natürlich gar nicht infrage. Schließlich haben wir einen Vertrag unterschrieben, welcher der Plattenfirma diese Option freihielt. Also beschlossen wir, dass das Ganze eine schicke CD werden soll. Im Weiteren haben wir uns Gedanken gemacht, wie die Veröffentlichung aussehen soll. Wir kamen dann mit ein paar ganz netten Kleinigkeiten um die Ecke gekommen. So ist beispielsweise das Frontcover-Artwork von uns, die Fotographie dazu habe ich selbst gemacht.“

Viel Mühe haben sich die Mittelalter Rocker mit der Zusammenstellung des Songmaterials gegeben, so Lasterbalk. „Wir haben wirklich sehr viel für die enthaltenen 25 Tracks ausprobiert. Es stellt sich natürlich bei alten Songs die Frage, ob man diese für eine Best Of nochmals komplett neu aufnimmt. Schließlich ist unsere Instrumentenbeherrschung besser als dies damals der Fall war. Auch unsere technischen Möglichkeiten sind mittlerweile angestiegen. Letztlich fanden wir einen ganz guten Zwischenweg, wie ich denke. So wurde ganz bewusst komplett darauf verzichtet, etwas neu einzusingen, da wir den alten und bewährten Charme der Lieder auf jeden Fall erhalten wollten. Aber wir haben natürlich bei den Instrumenten hier und da mit Studiotechnik oder Neueinspielungen gearbeitet. Es sollte am Ende schon ein munteres Sounderlebnis werden. Man kann daher die ausgewählten Tracks problemlos am Stück anhören, alles klingt homogen. Vermieden werden sollte nämlich das Gefühl beziehungsweise der Eindruck, sich dabei durch 15 Jahre Tontechnik hören zu müssen.“



Ohnehin schauen Saltatio Mortis als Bandgemeinschaft eher selten nach hinten, wie der Stockschwinger nachdenklich konstatiert.

Und er offenbart dazu mit besonders besonnen Worten:

„Selbst an runden Geburtstagen wie unserem 15-jährigen haben wir echte Schwierigkeiten damit, uns hinzusetzen und gegenseitig lobhudelnd auf die Schultern zu klopfen, wie toll alles gemacht worden ist und wie wunderbar alles geworden ist. Das ist einfach so gar nicht unser Ding. ‚Zirkus Zeitgeist‘ beispielsweise ist noch relativ frisch, aber wir tauschen seit einiger Zeit schon wieder Songwriting-Ideen aus. Unser Fokus geht auch weiterhin stark nach vorne. Glücklicherweise verfügen wir auch noch immer über die Energie, neue Ideen und Ansätze für Songs mit kollektivem Enthusiasmus kultivieren zu wollen.“



Und das Werken an einer Best Of-Kollektion ist jedoch ein bisschen etwas anderes, als die gewohnte Zusammenarbeit der einzelnen Mitglieder, so entsinnt sich der Mann.

„So weit, so ganz nach hinten gucken, das liegt uns halt gar nicht. Würde man uns das komplett alleine entscheiden lassen, dann würde eine solche Kompilation wohl erst dann erscheinen, kurz bevor wir als Band endgültig aufhören.“



Allerdings ist Lasterbalk auch der Meinung, dass eine Partnerschaft mit verlässlichen Vertragsparteien durchaus gut und empfehlenswert ist, was für diesen Fall heißt: „Wir haben immerhin 15 Jahre mit Napalm Records gearbeitet, was uns wirklich sehr viel gebracht hat. So ist es durchaus gesund, auch mal auf das zu hören, was einem andere so sagen.“

© Markus Eck, 01.06.2016

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