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Interview: THERION
Titel: Großen Visionen entspringend

Hat jemand ernsthaft wirklich etwas anderes erwartet? Natürlich nicht, und daher: Hochepischen und ergötzlich bombastischen Symphonic Metal vom Feinsten bietet ihr nagelneues Albumspektakel „Sitra Ahra“.

Und die berühmten schwedischen Schöngeister um Mastermind Christofer Johnsson ziehen darauf mal wieder dermaßen beherzt und meisterhaft vom hymnisch-melodischen Songwriting-Leder, dass sich innigliche Fans der Band glatt in selig machende Zeiten des ewig großen Therion-Meisterwerks „Theli“ zurückversetzt fühlen werden.

Denn: Sämtliche musikalischen Ingredienzien wirken auf dieser wunderbaren Ästhetenscheibe absolut zweckdienlich angelegt beziehungsweise perfekt platziert. Neben vielen mitreißenden Hitmomenten auf dem Tonfolgensektor sowie umfangreichen Gesangseinlagen können hier vor allem die monumental erschallenden Chöre unbändig beeindrucken.

So vielfältig, so durchdacht und letztlich so großartig glücken einem solcherlei Lieder wohl nur, wenn man all sein Streben und Trachten genau dieser Art von Musik verschrieben hat.

Dass hier erneut absolute Überzeugungstäter am stilvollen Werk sind, erschließt sich ohnehin durchgehend auf „Sitra Ahra“, einer Platte, die vom Fleck weg mit ihrer ureigenen spirituellen Klanganmut mächtig in den Bann zieht.

Und ganz besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Veröffentlichung von einem komplett neu zusammengestellten Line-Up eingespielt wurde. Ehrensache, dass Großmeister Johnsson jedoch nur die fähigsten Musiker hierfür um sich scharte.

Zum Interviewzeitpunkt hat der auf kreativem Sektor seit vielen Jahren bekanntlich immens umtriebige Mann gerade eine Woche Erholungsurlaub hinter sich und kann sich daher im Dialog auffallend frisch und frei geben. Er berichtet zu Beginn:

„Nun, einige Songs auf dem neuen Album sind schon ganz schön `alt`, um es ehrlich zu sagen. Sie stammen noch aus der Zeit des Songwritings für die Veröffentlichungen `Lemuria` und `Sirius B`. Für die neue Platte schwebte mir Ähnliches vor, also begann ich die Nummern neu aufzugreifen. Und das funktionierte dermaßen gut und ergiebig, dass es die reine Freude für mich war, das Ganze zu neuem Leben zu erwecken. Besagte Songs fielen ja damals beileibe nicht raus, weil sie zu schlecht waren, sondern weil sie aus unterschiedlichen Gründen eben ganz einfach nicht mehr draufpassten auf diese beiden Alben.“

Christofer fährt fort: „Und das, was auf `Sitra Ahra` nun zu hören ist, stellt auch ganz einfach den ultimativen Therion-Sound dar, ich liebe es, solcherlei Musik zu erschaffen. Dennoch ist auch diese Scheibe mal wieder eher kein Konzeptalbum, das muss klar gesagt werden. Oft wurde uns von Musikjournalisten nachgesagt, wir würden ausgeklügelt durchdachte Konzeptalben machen, aber das stimmt so nicht. Ich habe nur ein Faible für mystische, für okkulte Themenbereiche, die ich innerhalb der Therion-Platten sehr gerne ineinander fließen lasse.“

Nach außen hin mag dies, so mein Gesprächspartner im Weiteren, auch aufgrund der symbolträchtigen Plattencover, wohl als konzeptionell angelegte Sache wirken.

„Auch dieses Mal geht es in den Texten um solcherlei verschiedene Thematiken, dennoch achtete ich natürlich auf eine gewisse Homogenität in den dafür herangezogenen verschiedenartigen altmythologischen Kontexten. Abwechslung war uns dabei sehr wichtig, so bewegen sich die Lyriken von hinduistischen Belangen bis hin zu irischen Mythen, mittelalterlichen Hexensagen und ähnlichen Überlieferungen. Auch die düstere Seite der Kabbala kommt textlich zum Zuge. Ganz gewiss, eine breite Spanne, möchte man meinen. Eine Spanne, die allerdings aber auch Spannung garantiert. Somit kann man sagen, dass die aktuelle Therion-Veröffentlichung die lebendigste seit längerer Zeit darstellt.“

Erwähnte Ähnlichkeit mit dem 1996er Langspieler „Theli“ kommentiert Johnsson folgendermaßen:

„Da mag schon was dran sein, wenn ich es mir gerade so überlege – so richtig drüber nachgedacht habe ich darüber allerdings noch nicht. Fakt ist: Ebenso wie `Theli` enstammt auch die neue Albumveröffentlichung direkt aus den Herzen der Beteiligten. Therion war, ist und wird immer Musik direkt aus dem Herz heraus sein. Darauf lege ich riesengroßen Wert. Daher kann man auch nie genau im Voraus wissen, wie eine neue Platte der Band klingt – ich finde das gut so. Jede Zeit bringt schließlich ganz spezielle Stimmungen für uns Menschen mit sich, jede Zeit bringt uns ganz eigene seelische Befindlichkeiten – ein echter Künstler lässt sich nur zu gerne davon leiten, um sein Werk so echt und so authentisch wir nur möglich werden zu lassen.“

Letztlich geriet die klangliche Aufbereitung der Kompositionen unter der Leitung von Routinier Christofer für den Rest des skandinavischen Ensembles gar zu einer handfesten Überraschung, wie er mit sicherer Stimme resümiert.

„Als wir die Stücke einstudierten und probten, klangen sie ja noch ganz anders; also lange nicht so bombastisch und so monumental. Das entstand erst einige Zeit später, weil es mir genau danach war. Die Vokalmelodien beispielsweise entstanden zunächst auf der Gitarre etc. Nicht wenige aus der Band waren sogar positiv geschockt, als sie das Endergebnis zum ersten Male hörten. Und ganz genauso erging es unserem Plattenlabel, worüber ich natürlich immens froh bin. Man weiß ja nie so ganz genau, wie die anderen um einen herum, vor allem diejenigen, die beim Wachstum der Lieder massiv mitwirkten, letztlich auf fertiges Songmaterial reagieren.“

Einen nicht unerheblichen Teil ihrer großen Ausstrahlung kann die neue Veröffentlichung laut Aussage des Gitarristen aus dem Grunde verströmen, weil einige der zuvor neu rekrutierten Mitglieder im Vergleich zu ihm selbst noch ziemlich jung sind und auch über lodernde Visionen verfügen.

„Für einige von ihnen war der Beitritt zu meiner Band ja auch nicht zuletzt eine wirklich großartige Chance, sich selbst beziehungsweise ihr Können einer ziemlich großen Anzahl von Hörer präsentieren zu können. Da werden verständlicherweise so einige ungeahnte Energien frei. Und genau die kann man auf `Sitra Ahra` immer wieder sehr gut spüren; wirklich jeder aus der neuen Truppe hat sich zum Glück voll und ganz reingehängt, mit aller Kraft, damit das Endresultat eine umwerfende Angelegenheit wird. `Energie` heißt daher für mich auf diesem neuen Album das absolute Schlagwort.“

Eines der für ihn persönlich am schönsten zu verspürenden Gefühle, welches „Sitra Ahra“ in ihm auslöst, ist eine triumphale Siegesanmut, so der Schwede voller Freude im Tonfall.

„Letztlich ist die Zeit und der Aufwand im gemieteten Studio ja immer und einzig eine Frage des vorhandenen Budgets, und eine Platte kann damit natürlich auch stehen und fallen. Ich bin ja schon einige Jahre dabei, und kann zum Glück im Studio sehr viel mitreden und auch helfen, daher konnten wir die Budgetierung bestmöglich im Studio umsetzen. Ich selbst bin mit dem Gesamtklang nun sehr zufrieden. Sämtliche Nuancen der neuen Scheibe kommen wirklich absolut optimal zur Geltung. Andererseits hätte man nämlich auch die von mir erwähnte erhebend triumphale Anmut der Lieder so ausgeprägt ja gar nicht hinbekommen können. Alles in allem glückte uns `Sitra Ahra` ganz genau so, wie wir es haben wollten beziehungsweise, wie die Visionen der neuen Mitglieder es beinhalteten. So kann, zumindest schon mal von unserer Seite aus, von einem rundherum gelungenen Unterfangen geredet werden.“

© Markus Eck, 19.08.2010

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