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Interview: VINTERSORG
Titel: Tiefe

Seine allzu progressiven Kompositionszeiten hat Andreas Hedlund nun definitiv hinter sich gelassen, wie das neue Album „Jordpuls“ („Puls der Erde“) zu offenbaren weiß.

Viel eher besann sich der kreative schwedische Kopf hinter dem beständigen Bandnamen Vintersorg auf die musikalischen Wurzeln, deren Stärke und Tiefe seine Band einst breitenträchtig populär machte.

Und dies geschah ganz überraschend sogar auf gesanglichem Sektor, wie der begnadete Vokalist, fitte Gitarrist und sich selbst immer wieder neu erfindende Songwriter den Fans jetzt mittels vielfältig angelegtem Liedwerk aufzeigt. Komplett in reizvollem Schwedisch eingesungen, hievt das ausdrucksstarke Ausnahmeorgan von Stimmbandtalent Hedlund die stabilen Progressive Nordic Metal-Notenkonstrukte endlich wieder in luftige Höhen hinauf.

So weisen die neuen Nummern allesamt eine ebenso interessante wie angenehm kontrastreiche Anmut auf. Den nicht ganz einfachen weiten Spagat zwischen frühen Schaffensmerkmalen und erfrischender künstlerischer Dynamik meistern die beteiligten Akteure mit hörbar viel Detailverliebtheit und Hingabe.

„Unsere künstlerische Arbeit mit Vintersorg bedeutet für uns noch immer etwas ganz Spezielles, was wir gerne sehr tief an uns heranlassen beziehungsweise was auch aus unserem tiefsten Inneren entspringt. Ich kann mir auch gegenwärtig nicht mal ansatzweise vorstellen, wie mein Leben sich anfühlen würde, hätte ich nicht die großartige Möglichkeit, mit der Band alle meine Ideen und Visionen aus mir herauszufiltern und musikalisch umzusetzen. Ich habe genau drei Prioritäten in meinem Leben: Meine Familie, Musizieren und Lyrisieren sowie meinen täglichen regulären Job“, spricht der leidenschaftliche Schwede.

Und wie ihm nachfolgend dazu noch zu entlocken ist, kann Andreas sich beziehungsweise anderen Menschen gar nicht so leicht erklären, was genau ihn auf künstlerischer Ebene eigentlich schon so lange antreibt.

„Es ist ganz einfach in mir. Und ich bin schon immer ein sehr neugieriger Charakter gewesen. Auch auf musikalischer Ebene. Ständig reizt es mich, Neues zu erforschen, Neues auszuprobieren, Neues zu perfektionieren, soweit es mir möglich ist. So kann die Musik, welche letztlich auf Vintersorg-Platten verewigt wird, als Endresultat meiner ständigen Suche nach neuen physischen und psychischen Aspekten verstanden werden.“

Verstanden werden kann daher auch umso leichter nachvollziehbar, warum die progressiven Elemente noch immer einen festen Platz in der Musik von Vintersorg haben:

„Wenn ich Songs schreibe, soll es abenteuerlich zugehen. Spannend für mich sein. Einfachheit langweilt mich. So habe ich selbst sehr große Freude und Befriedigung daran, wenn ich selbst einige Mühe damit habe, im Entstehungsprozess Zugang zu meinen eigenen Kompositionen zu erlangen. Ich bin der Ansicht, ich sollte als Komponist auch nicht zuviel darüber nachdenken, was genau so alles in den Stücken enthalten ist. Das würde höchstwahrscheinlich viel Impulsivität und Natürlichkeit aus meiner Kreativität rauben. Demnach kümmere ich mich eigentlich nicht um solcherlei Erwägungen, von den Fragen dazu in Interviews abgesehen.“

Die Texte der Lieder auf „Jordpuls“ thematisieren die Beziehung zwischen Mensch und Natur, so der Musikus im Weiteren. „Dies besinge ich mit Lyriken, welche das Ganze in sehr weit gerahmtem Blickwinkel philosophierend betrachten. Es geht dabei gar nicht mal so sehr darüber, wie die Menschheit die Erde rücksichtslos ausbeutet und ungehemmt davon profitiert. Sondern primär eigentlich darum, wie viel wir doch in Wahrheit über uns selbst und unsere Umgebung lernen können, wenn wir die Gegebenheiten von Mutter Natur nur aufmerksam genug entdecken, beobachten und studieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass man dabei unermesslich viel auf geistigem und charakterlichem Sektor wachsen kann; sei es nun für sich selbst als Individuum, als integraler Gesellschaftsbestandteil oder für das Selbstverständnis der eigenen Spezies.“

Dennoch, wie der stets Sinn suchende Skandinavier bezüglich dessen noch explizierend addiert, ist „Jordpuls“ beileibe kein politisches Album geworden beziehungsweise eines, welche solcherlei Botschaften transportiert. Er lässt wissen:

„Vielmehr geht es textlich aktuell darum, wie wir als Menschen, als Lebewesen auf diesem Planeten die Beziehung zu unserem Lebensraum gesund erhalten können und letztlich dadurch auch am eigenen Leibe gesund bleiben. Ich hatte die Wunder und die Rätsel naturwissenschaftlicher Fakten über die Jahre ohnehin ja immer in Vintersorg einfließen lassen. Auch diesmal, allerdings ist dieses Mal ein gewisser Anteil naturromantischer Nuancen ins Spiel gekommen. Ich wollte und möchte eine fantastische Schönheit damit beschreiben, die wir Menschen in absehbarer Zeit möglicherweise gar nicht mehr zur Verfügung haben“, hebt der intellektuell aktive Vokalist mit kritischem Unterton in der Stimme hervor.

© Markus Eck, 01.03.2011

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