Interview: | WITHIN TEMPTATION |
Titel: | Vollendete musikalische Schönheit |
Es gibt brillante Sängerinnen, deren betörender Stimmzauber der Gegenwart jegliche Relevanz zu nehmen imstande ist. Eine davon ist Sharon den Adel. Dann gibt es Gitarristen, deren geniales Kompositionstalent zauberhafte Liedmelodik hervorbringt. Einer davon ist Robert Westerholt. Treffen dann zwei solche Klangmagier auch noch aufeinander und verbünden sich, muß Hexerei im Spiel sein. Oder Bestimmung. Wer weiß?
Aber das Resultat sehr harter künstlerischer Arbeit stellt es auf jeden Fall dar, was die beiden genannten holländischen Protagonisten mit der nachfolgend gegründeten Band Within Temptation an die Öffentlichkeit brachten.
Besonders das zweite Album „Mother Earth“ verzückt seit seinem ersten heimatlichen Erscheinen im Dezember 2000 durch symphonisch veredelten, klassikinspirierten und orchestral konturierten Metal von verzehrender Schönheit.
Nun steht der Re-Release von „Mother Earth“ auf einem deutschen Label an, um den Verehrern entsprechender Klänge auch hierzulande stimmige Wonnemomente zu bescheren.
„DSFA Records erledigten einen guten Job für `Mother Earth`, jedoch lediglich in Holland und Belgien. Als GUN Records dann auf uns aufmerksam wurden, sahen wir die nachfolgend mit ihnen ins Gespräch gekommene Wiederveröffentlichung des Albums als eine gute Möglichkeit, das Werk auch den deutschen Fans zugänglich zu machen“, berichtet Songwritertalent Robert Westerholt aus dem Bandlager des Sextetts.
Der versierte Gitarrist und Grunt-Shouter mit dem glücklichen kompositorischen Händchen fügt dem hinzu:
„Als unser Erfolg und die damit verbundene Popularität in der Heimat nach dem Release von `Mother Earth` sprunghaft anstiegen, veränderte sich unser aller Künstlerleben zum Positiven. Wir konnten unsere Jobs aufgeben und hatten endlich so richtig Zeit für die Band. Wir gingen immer mehr in Within Temptation auf und nahmen die Sache immer ernster. Das Hobby schien endlich zum Beruf zu werden. Deswegen gab es kein Zögern, als es darum ging, `Mother Earth` auf einem neuen Label auch bei euch zu veröffentlichen. Wir lösten alsbald die vertragliche Weiterverpflichtung bei DSFA und sind nun ausschließlich bei GUN unter Vertrag.“
Obwohl es auch Angebote von größeren Firmen gab, wie Robert im selben Atemzuge mitteilt. „Das Wichtigste für uns war, daß wir dort unterkommen, wo wir am besten hinpassen. Wo man unsere Musik nicht nur verkaufen will, sondern auch versteht.“
Eine den Verfasser doch überraschende Aussage des Holländers. Denn meines Wissens nach sind Within Temptation bei GUN eine Art Premiere in Sachen Gothic Metal-Signing. Was aber wiederum nur noch mehr für die hohe musikalische Qualität von „Mother Earth“ spricht.
Der Gitarrist bekennt im Weiteren mit sanft erklingender Stimme:
„Erfolg ist etwas Schönes, er stellt aber nicht unsere ausschließliche kreative Triebfeder dar. Doch macht es uns in der Band natürlich glücklich, unsere geschaffene Musik und ihre inhärente Passion jetzt mit noch mehr Menschen teilen zu können.“
Verständlich, wenn man in Betracht zieht, daß „Mother Earth“ in seiner Heimat mit Gold- und sogar einer Platinauszeichnung versehen wurde.
Der ergänzenden Feststellung, daß der Qualitätssprung vom 1997er Debütalbum „Enter“ zum 2000er Langspielnachfolger in allen Belangen riesig ist, kann mein ebenso bedächtig wirkender wie sympathischer Gesprächspartner nur zustimmen.
„Mit `Enter` waren wir zufrieden, wenn man die Begleitumstände berücksichtigt. Schließlich war es unser erstes Album und wir hatten wie so viele in diesem Status eine Menge zu erleben und zu lernen. Nur so kann man sich verbessern. Als `Mother Earth` dann fertig gestellt war, fühlten sich alle in Within Temptation großartig. Denn das Album präsentierte uns als Band erstmals so, wie wir uns wirklich fühlten und wie wir es uns vorstellten.“
Dem ging aber laut Robert auch ein viel größerer Vorbereitungszeitraum voraus als noch für den Erstling. „Wir entschieden uns schon recht früh, unsere Musik nicht in inflationärem Ausstoß zu veröffentlichen. Die an uns interessierte Öffentlichkeit verlangt zwar danach, aber für einen qualitätsbewußten Musiker kann dies keine befriedigende Situation darstellen.“
In der Tat. Als Naturfreund kann ich meine Neugier hinsichtlich des Titels der aktuellen Wiederveröffentlichung nicht zurückhalten, und Robert stillte sie gerne.
„Der Titel reflektiert insgesamt ein sehr episches Thema. Und er steht für das Bewußtsein, daß wir Menschen trotz aller vermeintlichen Größe eines Tages alle sterben müssen und nachfolgend zu Erde, zu Staub werden. Die Elemente der Erdenmutter sind mächtiger als der Mensch, da kann er sich noch so viel Mühe geben. `Mother Earth` steht als Albumtitel stellvertretend für die Elemente der Erde. Wie unsere Musik es auch tut. Sie ist sehr vielfältig und abwechslungsreich gestaltet.“
Was ganz besonders auch in der bereits als Single ausgekoppelten Gefrierhymne „Ice Queen“ zum Tragen kommt; Robert erläutert den lyrischen Inhalt: „Wenn man an einem eiskalten Wintertag nach draußen vor die Tür tritt, fühlt es sich so an, als wenn jemand unsichtbar nach einem greift. Und wenn die Erde nach heftigem Schneefall ganz in weiß gehüllt ist, mutet es an, als wenn die Eiskönigin hernieder geschneit kommt und nun für einige Zeit ihre Herrschaft antritt.“
© Markus Eck, 04.02.2003
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