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Interview: AISLING
Titel: Traumähnliche Visionen

Mit ihrem großepischen Pagan Celtic Folk Black Metal dürften diese Italiener viele Hörer begeistern, die es gerne hart, schnell, kriegerisch, pompös und melodisch haben, am besten noch alles miteinander im anspruchsvollen Kombinat.

Bereits das gleichnamige 2003er Debütalbum kündete von der hohen musikalischen Beschlagenheit der Naturverehrer aus Triest, ein Jahr später gefolgt vom sehr eigenständigen Minialbum „Tráth Na Gaoth“. Nun bei einem überaus gut zur Musik passenden deutschen Label untergekommen, wähnt sich die spielerisch recht impulsive Truppe berechtigt in den allerbesten Händen.

So steht endlich der wohl längst überfällige Re-Release der beiden raren Werke von Aisling an, welche nun zusammen auf eine CD gepackt wurden. Rhythmusgitarrist Cernunnos lieferte sich aus aktuellem Anlass mit mir ein spannendes Rededuell.

„Wir alle in der Band stehen derzeit unter Hochspannung, denn die kommende Veröffentlichung unserer aktuellen CD durch Einheit Produktionen steht ja quasi vor der Tür. Wir sind für alle Reaktionen von Seiten der Medien und der Fans bestens gewappnet, mögen sie positiver oder negativer Natur sein“, berichtet mir der Saitenmann.

Aber eigentlich machen sich die Italiener da keine Sorgen.

„Denn als wir diese Scheiben damals noch als Eigenpressungen unter die Leute brachten, ernteten wir überwiegend gute bis sehr gute Kritiken. „Aisling“ mitsamt der Mini-CD „Tráth Na Gaoth“ präsentiert die letzten fünf Jahre Aisling, was mit Sicherheit die wichtigste Zeit unserer Existenz als Band ist.“

Wie Cernunnos weiter ausführt, fand er den Weg zur heftig musizierenden Italienergruppe ganz automatisch.

Es war eine Fügung durch höhere Mächte, da ist er sich sicher.

„Ich kam nicht nur durch mein instrumentelles Spiel zu Aisling. Nein, ich nutzte primär zuerst die Berührung mit den uralten Göttern. Ich bekam sozusagen eine Inspiration durch unsichtbare Kräfte. Ich traf wirklich ohne ersichtlichen Grund auf die Band, aber auch ein Zufall scheidet als Ursache aus. Von Anfang an beschlich mich dabei eine unbeirrbare Sicherheit, dass Aisling für mich bald der bestmögliche Weg sein würde, dort meine tiefe Naturverbundenheit, meine innersten Emotionen und meine dunkle Spiritualität bestmöglich künstlerisch zu repräsentieren. Und unsere gemeinsame Vision hat erst begonnen. So basierte unser thematisches Konzept dann auch kurze Zeit später bereits darin, unsere ausgeprägte Verbundenheit zu den Wurzeln unserer Herkunft sowie unser aller tiefste Hingabe an die Natur mit der Band darzulegen.“

Da scheinen sich ja wirklich Gleichgesinnte getroffen zu haben, wie Cernunnos im Weiteren offenbart.

„Ich würde es beinahe als `Alchemie` bezeichnen, was sich bei uns im Line-Up abspielt, wir verstehen uns wirklich beinahe blind. So ist unsere zwischenmenschliche Chemie etwas ganz Unerklärliches, fast so wie eine seltene Konstellation von Sternen, die man sich nicht erklären kann. Daher sind wir eine völlig fest miteinander verschweißte Einheit von Musikern und Künstlern. Ich könnte fast sagen, die Vision, die wir miteinander teilen, ist für uns so wirklich und wahr wie die Realität selbst. Ich hoffe nur, dass die Leute das beim Hören unserer Musik auch genauso nachfühlen können, was sich natürlich auch auf folgende Alben von uns bezieht.“

Diese Italiener zelebrieren ihre extreme Heidenkunst unter dem programmatischen Motto: „Music is mysticism”. Da gilt es tiefer nachzuhorchen. Und Cernunnos expliziert bereitwillig:

„Das ist nicht so leicht zu erklären, wie man vielleicht denkt. Aber ich will es mal versuchen: Unsere Musik entsteht immer durch ganz spezielle künstlerische Nähe zwischen den einzelnen Musikern, sei es nun durch gemeinsame körperliche Anwesenheit in einem (Proben)Raum, draußen in der Natur oder auf eher spiritueller Ebene. Doch egal wie auch immer, die Mystik des einzigartigen Entstehens unserer Kompositionen ist stets deutlich für uns fühlbar. Wie die Natur. Mutter Natur stellt für uns etwas Göttliches dar, was wir durch unsere Musik wiedergeben, die wir dann zu den Hörern fließen lassen.“

Der Bedeutung des Bandnamens Aisling, übrigens ein keltischer Begriff, messen die Musiker sehr viel Wert bei.

„Das Wort steht für eine traumähnliche Vision beziehungsweise eine Vision, die in einem Traum kreiert wurde – das spirituelle Antreffen von etwas Göttlichem. Man fühlt sich wie einem Traum, wenn einem solches widerfährt“, so Cernunnos.

Anschließend gehen wir dazu über, die enge Verbundenheit der Band zu ihrer Heimatstadt Triest auszuleuchten.

„Es mag wie ein etwas seltsames Statement anmuten, aber Triest spielt eine, wenn nicht die wichtigste Rolle überhaupt bei der Existenz von Aisling. Denn wir haben hier, im Nordosten von Italien, die Wurzeln unserer Geschichte oftmals ganz lebendig vor Augen. Triest wurde 500 Jahre vor Christi von einem keltischen Stamm gegründet, den Carni Càtali. Nun, in den heidnischen Religionen unserer Vorväter hatte der Gründungsakt einer Heimatstätte stets die allergrößte Bedeutung, noch mehr als die weitere Entwicklung von Stadt, Bewohnern und Kultur. Daher fühlen wir uns den damaligen Gründern von Triest so sehr verbunden und verpflichtet. Wir, beziehungsweise unsere Vorfahren, leben in dieser Stadt, die ihre Seegrenzen über die Jahrhunderte bewahren konnte, seit jeher mit größtem Nationalstolz. Nichts konnte die Urbevölkerung vertreiben. Nicht die Römer, und auch nicht der historische Vertrag, der unsere Stadt für 500 Jahre zu einem Teil des Augsburger Reiches werden ließ. Man kann hier noch immer die Atmosphäre dieser Zeiten riechen. Unsere Historie hier zeigt uns einen wohl niemals endenden Zyklus an verschiedenen Einwohnern, Religionen und Sprachen. Unsere Musik ist die klangliche Ausdrucksform eines uralten Spiritualismus, welcher mit der antiken Gründung begonnen hat. Dieser machtvolle Spiritualismus und das daraus resultierende Gefühlserlebnis kann von nichts und niemandem gestört werden – und erst recht nicht von irgendwelchen materialistisch bedingten Ursachen.“ Exakt, so spricht ein wahrer Heide.

© Markus Eck, 05.10.2005

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