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Interview: ART INFERNO
Titel: Vertonte Alpträume

Mit Art Inferno brilliert ein weiterer potentieller Hoffnungsträger der Sparte Melodic Symphonic Black Metal.

Das nachtsüchtige und scheinbar wirklich besessene Trio aus Italien schiebt mit seiner aktuellen Finsteroper „Abyssus Abyssum Invocat“ ein regelrecht hypnotisches Stück Schwarzmetall in die bereits leider völlig überfüllte Schublade des Genres. In dieser müssen die zahllosen Konkurrenten nun schon etwas ehrfurchtsvoll anerkennend Platz machen, bietet die in Messina lebende unheilige Dreifaltigkeit auf ihrem großartigen Debütalbum doch eine sprachlos machende Melange aus den besten Ingredienzien, die das musikalische Spektrum kennt.

Eingespielt wurde der mit jedem Hören besser gefallende, abartig dramatische Soundtrack der Verdammnis, der jetzt auf dem kleinen aber feinen italienischen Label Scarlet Records erscheint, von folgendem Line-Up: Gitarrist und Tastenhexer Magister Acheron, Tieftöner Nerio sowie Drummer Martyrium Grinder. Die Pseudonyme sprechen eine deutliche Sprache, und so war ich doch mehr als neugierig auf die hinter der Band steckenden Beweggründe des Spielens solch extremer und bizarrer Musik.

Eine Audienz beim Sprachrohr der talentierten Finsterlinge, Magister Acheron, der fast alle Songs im Alleingang komponierte und während des Gesprächs durch besonnene Statements glänzte sowie mit Inbrunst hinter seinem Tun stand, solle Aufschluß über die beteiligten Akteure und deren Motive geben.

Seid gegrüßt, Magister Acheron! Eine tiefe Verneigung vor eurer neuen Scheibe ist für mich unumgänglich.

Exzellenter Orchestral-Black Metal, der ja nun gar keine Vergleiche zu scheuen hat und der euch mit Sicherheit einige wichtige Türen öffnen wird! Es ist fast nicht zu glauben, daß du fast die ganze Symphonie des Grauens im Alleingang aus deinem kompositorischen Füllhorn gezaubert hast.

„Wir haben sehr viel Zeit und Energie investiert. Die Band hatte sich ganze vier Monate in den Petite-Studios, die ganz in der Nähe unserer Heimatstadt liegen, verschanzt und es war ein ganz schönes Stück Arbeit, doch ich denke, es hat sich durchaus gelohnt. Seit der Fertigstellung der Aufnahmen hat sich einiges getan und so haben wir noch je einen zusätzlichen Gitarristen sowie einen zweiten Keyboarder in unsere Gemeinschaft aufgenommen. Wir harmonieren bis jetzt sehr gut mit den beiden und wollen mit ihnen unseren Gesamtsound noch ausbauen beziehungsweise transparenter gestalten.“

Zu außerordentlichem Wohlklang verhelfen dem pechschwarzen Kunstwerk zudem rifforientierte und vor Spielfreude überschäumende Gitarren sowie äußerst filigrane und fein ziselierte Keyboard-Ornamente, die durch die ständige Präsenz mit mystisch verzaubernden Melodien zu wohligen Schauern beitragen.

Über den Nachthimmel rasende furiose Kompositionen, die innerhalb der Szene auf großen Anklang hoffen dürfen, loten das Maximum der sich für diese Musizierform bietenden Möglichkeiten mit eleganter Leichtigkeit aus. Erhofft ihr euch also den großen Erfolg mit eurer aktuellen CD? Verdient hättet ihr es, denn „Abyssus Abyssum Invocat“ überzeugt sowohl mit dem Inhalt als auch der Verpackung.

„Erfolg zu haben wäre schön, doch sollst du wissen, daß wir in erster Linie für uns selbst spielen und diese Art der Musik zelebrieren. Wir sehen uns nicht als die Missionare unserer Message an, sondern finden tiefe innere Zufriedenheit und Seelenreinigung beim Verarbeiten und Wiedergeben unserer Thematiken und Lyrics. Auch halten wir wenig davon, Satan anzubeten. Man sollte frei leben und größtmögliche individuelle Freiheit erlangen. Art Inferno repräsentiert exakt das, was wir als Persönlichkeiten darstellen und empfinden. Wir sind gegen die von der Gesellschaft geheiligten Werte und Normen und haben eben unsere eigenen Vorstellungen und Gewichtungen der in unserem Leben wirklich relevanten Dinge. Wir verurteilen die alles infizierende Bigotterie und die gleichzeitige doppelbödige Moral in den manipulierten Gehirnen der Menschen.“

Was bedeutet denn der zu Spekulationen anregende Bandname in euren Augen?

„Die Wortkreation `Art Inferno` symbolisiert die unendliche Herrschaft des Bösen. Es war schon immer da, es wird für immer in uns allen vorhanden sein. Auch der Albumtitel soll diese unstrittige Tatsache ausdrücken. Uralte paganische Kulte, die einst in ganz Europa verteilt waren, brachten ihn hervor.“

Völlig paralysierend und beeindruckend finde ich die durch das Keyboardspiel von dir und Nerio gezauberten klassisch angehauchten prunkvollen Arrangements, die mich stellenweise an vertonte Alpträume erinnern.

Zum Großteil orchestral arrangiert, atmet „Abyssus Abyssum Invocat“ durch den geschickt eingeflochtenen und fast schon dekadenten Bombast, der die Stücke jedoch glücklicherweise nicht überfrachtet, eine schier endlose Weite, in der man sich als Hörer schnell verliert.

„Ja, das will ich auch erreichen! Die Poesie des Makabren hat mich schon seit jeher in einem besonderen Maße fasziniert und so war es nur eine Frage der Zeit, bis ich anfing, sie in musikalischer Form zu definieren. Gerade Black Metal ist Emotion pur und da ist die Umsetzung dieser Themen in idealer Form möglich. Die Klassikeinflüsse stammen aus meiner Kindheit; ich wuchs mit Wagner, Beethoven, Vivaldi und Bach auf! Diese großen Meister der Vergangenheit haben mich entscheidend geprägt und steuern meinen Geist beim Komponieren der Stücke für Art Inferno.“

Das ist nicht zu überhören. Die Vollendung erfährt der wütende Soundtrack der Band durch das prasselnd quirlige, mitreißend-perfektionssüchtige Drumming und die dämonische Vokalisierung, die direkt aus den Untiefen der Vorhölle zu stammen scheint.

Art Inferno haben nicht mehr und nicht weniger als ein ebenso begeisternd ergreifendes wie aufwühlendes Postulat ihrer sich in der Art des Vortrags Bahn brechenden emotionalen Ausbrüche abgrundtiefer Verachtung in die Ewigkeit gemeißelt.

© Markus Eck, 27.11.1999

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