Interview: | BESEECH |
Titel: | Frisches Denken |
Seit dem 2005 veröffentlichten Langdreher „Sunless Days“ hatten sich die Fans der Schweden auf ein weiteres Studioalbum sehr ausdauernd zu gedulden.
Mehr als eine Dekade später melden sich Beseech nun endlich wieder so richtig zurück. Und dass das Klangbild auf dem neuen Werk „My Darkness, Darkness“ so sehr an die allerbeste Zeit der Gruppe zur Jahrtausendwende erinnert, hat seinen Grund.
Denn die Rückkehr des ausgestiegenen Bandgründers, Gitarristen und Hauptkomponisten Klas Bohlin 2012 brachte schließlich genau den ganz speziellen Spirit wieder, der einst für den so typischen, verträumt-melancholischen Gothic Rock-Sound mit dezenter Metal-Schlagseite sorgte.
Neuerdings agiert der bärtige Bohlin rein als Sänger, während sich der ebenfalls zurückgekehrte zweite Maincomposer Robert Vintervind wieder seine Klampfe umhängte.
Beide haben sie für die neuen Schwärmer-Stücke ganze Sturzbäche an Gefühl, Leidenschaft und Sehnsucht eingebracht.
„Mit uns entschied sich glücklicherweise auch der zweite Gitarrist Manne Engström, 2006 ausgestiegen, dazu, Beseech endlich wieder zum Leben zu erwecken. Es fühlt sich einfach großartig an, wieder mit der Band dabei zu sein. Es hat uns schon wirklich einiges an Herzblut, Schweiß und Tränen gekostet, um an diesen Punkt zu gelangen. Ich denke nicht, dass wir jemals zuvor so dermaßen viel an Zeit investieren mussten, um eine neue Platte an den Start zu bekommen“, lässt Klas mit nordischer Kühle durchblicken.
Drei neue Mitglieder fanden daneben ihren Weg in die gefühlvolle Truppe aus Borås: Bassist Johan Örnborg, Sängerin Angelina Sahlgren Söder und Schlagzeuger Håkan Carlsson.
„Als ich für Beseech mit Robert und Manne die neue musikalische Richtung ausbaldowerte, war uns schnell klar dass ich die Position als Leadsänger zu übernehmen hatte. Uns war auch bewusst, dass es noch mehr an Änderungen bedurfte, um dem neuen Stand der stilistischen Dinge bestmöglich gerecht zu werden. Über die Jahre, in denen Beseech ruhte, spielte das uns nahestehende StudioMega in Varberg eine immer wichtigere Rolle für die Band, was wir zunächst gar nicht so richtig bemerkten. Über diese Jahre machten wir drei musikalisch derart weiter, dass wir diverse Formationen im StudioMega ihre Songs aufnehmen ließen.“
Ganz loslassen von der Musik konnte das Trio nämlich sowieso nie, so Klas.
„Mit derlei entsprechenden Erfahrungen gingen wir die Auswahl der neuen Mitglieder für Beseech an. So fokussierten wir für die jeweiligen Posten nur Leute aus unserem Umfeld, die wir gut kannten und die nicht weit weg von uns wohnen. Johan beispielsweise zeigte sich schnell als extrem talentierter Typ. Innerhalb weniger Jahre avancierte der Bassist zu einem großartigen Produzenten. Ich war extrem zufrieden mit seinen Ideen und Fähigkeiten im Studio. Auch Robert und Manne involvierten ihn in ihre Arbeiten mit neuen Bands. Er war unser erster Neuzugang bei Beseech.“
Auf Håkan und Angelina stieß Klas schließlich bei der Studioarbeit mit der Progressive Rock-Band The Fantastic People, woran auch Johan beteiligt war.
„Es fühlt sich großartig an, die Neuen bei Beseech dabei zu haben. Angelina steuert eine zerbrechlich wirkende Harmoniestimme bei, in einer Art ,trippy‘-Style, was im Gothic-Bereich doch eher ungewöhnlich ist. Håkan rundet uns mit seinem ureigenen Drumming ab, welches viel intensiver und punktueller beziehungsweise dynamischer als zuvor erklingt.“
Gerne erinnert sich der Frontmann auch daran zurück, wie er mit Angelina die Gesänge erarbeitet und ausgefeilt hat. Er grinst ein wenig:
„Von Zeit zu Zeit höre ich die Leute sagen, dass ich eine ziemlich ungewöhnliche Stimme habe. Das mag stimmen. Auch die Stimme von Angelina ist wie erwähnt sehr speziell. Daher passt es umso besser, dass wir zwei das Ganze nun vokalisieren. Wir sind in der Lage, wie ich denke, der Gothic Metal-Szene etwas ganz Besonderes zu offerieren, das deutlich über das Gewöhnliche im Genre hinausgeht. Zusammen sind wir so ungefähr wie die Gothic-Version von Johnny Cash und June Carter, die in ihrem Schaffen Elemente aus dem Country-Bereich und der typischen Musik der 1960er Jahre brachten. Um ehrlich zu sein, haben unsere Stimmen halt gar nicht viel mit dem Buch ,Gothic Rock singen für Attrappen‘ zu tun.“
Während des Songwriting- und Aufnahmeprozesses hat der Mann seine Gesänge fast alle bei sich zuhause aufgenommen und aufbereitet, wie er resümiert. „Viel Zeit habe ich mit dem Experimentieren an diversen Vokalstilen verbracht, wobei ich mich sogar an Bariton- und Falsettgesang versucht habe. Und das hat dem neuen Album irgendwie ein alles durchdringendes, verträumtes Gesamtgefühl injiziert. Letztlich erinnern mich die Stücke oft an eine Gothic-Version von The Moody Blues. Ich und Angelina sendeten uns in dieser Zeit gegenseitig viele Demos mit Ideen und Ansätzen, wie wir ihre Stimme bestmöglich zu den neuen Kompositionen entwickeln könnten. Das hat sich als optimal erwiesen, denn es sollte für uns zwei ein mental verdammt harter Prozess werden, die letztlich passende, jeweilige Ausrichtung herauszufinden.“
Dass sich Beseech alles in allem mehr zum Rock hin als in Richtung Metal nach vorne entwickelt haben, das begrüßt Klas mit vollständiger Zustimmung.
„Ich halte es für eine absolut richtige Entwicklung. Es ist sowieso gut, dass wir in der Band nicht gerade viel über all die verschiedenen, jeweils kommenden oder gerade bestehenden Trends im Gothic-Bereich wissen. Eigentlich ist es ein Vorteil und ein förderlicher Umstand, dass wir in den letzten zehn Jahren in einer Blase lebten, worin wir nicht von den zahlreichen Moden und den sie repräsentierenden Bands tangiert worden sind.“
Wäre letzteres nämlich der Fall gewesen, so sagt der Vokalist, dann wäre es sehr hart für die Band gewesen, jetzt mit etwas Neuem aufzukreuzen.
Klas bringt es abschließend auf den Punkt: „Letztendlich war es seit jeher wichtig für Beseech, neuen, frischen Ideen stattzugeben und damit neue Richtungen zu entdecken.“
© Markus Eck, 20.02.2016
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