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Interview: CAPUD DRACONIS
Titel: Künstlerische Glut

Diese außergewöhnlich talentierten Hessen haben sich mit ihrer vorhergehenden Liederkollektion „Musica Divina“ bereits sehr gut ins Licht der großen Mittelalter-, Spielleute- und Dudelsackmusik-Szene zu rücken gewusst. Doch sich darauf auszuruhen und den neuen Ruhm zu genießen, das kommt für ein Ensemble wie Capud Draconis überhaupt nicht in Frage.

Und somit veröffentlichen die vier ebenso spielfreudigen wie tiefsinnigen Drachenkerle jetzt das neue und dritte Langspielwerk „Musica Aetatis“, mit welchem die von der Gruppe initiierte „Musica“-Trilogie zum Abschluss kommt.

Wer im Besitz ihres zweiten Albums „Musica Divina“ ist, der weiß ohnehin schon, dass diese Ausnahmetalente zu ganz großer Spielmannskunst fähig sind. Ernsthafte Genre-Liebhaber kommen eigentlich ohnehin nicht um die mittelalterlich außerordentlich authentisch erklingenden Dudelsack-Glanzstücke des findigen Hochniveau-Vierers herum.

Dazu befragt, was die Musik von Capud Draconis für ihn persönlich eigentlich hauptsächlich bedeutet, offenbart Jan alias Arach von Alzey, seines Zeichen zuständig für Saiteninstrumente und Percussion:

„Eine echt gute Frage. Ich persönlich denke jedoch eigentlich kaum darüber nach, ich mache es einfach. Seitdem ich vierzehn Jahre alt bin, hat es keine Zeit mehr gegeben, während der ich nicht in einer Band gespielt habe. Ich brauche das einfach.“

Nachfolgend erläutert Arach den Hintergrund zur ersten Single-Auskopplung „Mars“.

„Schon beim Songwriting haben wir überlegt, welchen Song wir dafür nehmen könnten. ,Mars‘ gefiel uns dabei am Anfang erstmal so gar nicht. Wir haben sogar zwischenzeitlich überlegt, ob der Track ganz wegfällt und gar nicht auf das neue Album kommt. Dann haben wir aber erkannt, welche Power in dem Lied steckt und als es dann im Studio fertig aufgenommen war, waren wir alle total begeistert und saßen kopfnickend vor den Boxen. Wenn nach vier Monaten Songwriting-Prozess, vier Wochen Studioaufenthalt und endlos langen Nächten ohne Schlaf ein einziger Song die gesamte Band so mitreißt, dann muss er es einfach sein!“

Denkt beziehungsweise spricht er speziell über „Musica Aetatis“ als Ganzes, kann der Mann seine Begeisterung nicht verbergen. „Ich bin auch oft sehr berührt davon. Ein wenig Stolz ist sicherlich auch dabei in mir. Aber vor allen Dingen fühle ich mich wirklich sehr glücklich. Mir gefiel ,Musica Divina‘ schon sehr und wir haben uns im Vornherein wirklich Sorgen gemacht, ob wir diese Platte überhaupt toppen können; vor allem, ohne den Vorgänger einfach nur zu kopieren. Aber die Sorgen waren umsonst: ,Musica Aetatis‘ ist wieder ein sehr abwechslungsreiches Album mit vielen tollen und neuen Ideen geworden.“

Alte und neue Anhänger des betont anspruchsvollen Quartetts dürfen sich derzeit also sehr auf den Langspiel-Nachfolger „Musica Aetatis“ freuen.

Darüber hinaus sind Capud Draconis mittels ihrer neuen Liederkollektion mehr denn je in der Lage, vielerlei Hörer-Klientel mit gutem musikalischem Geschmack nachhaltig zu beglücken.

Percussionist und Saiten-Spielmann Arach, stellt sich im Weiteren mutig der Frage, was Capud Draconis den Verehrern solcherlei Klänge bieten können, wozu die meisten anderen Metier-Repräsentanten eher nicht imstande sind. Er schnauft allerdings dabei schwer:

„Puh, wirklich eine schwere Frage. Wir sitzen nicht beim Songwriting und denken uns: ,So jetzt machen wir etwas besonderes und ganz anderes‘. Nein, wir setzen uns ans Komponieren und schreiben drauflos, werfen Ideen in den Pott, verwerfen sie wieder. Das wichtigste ist aber tatsächlich die Energie, die entsteht, wenn wir zusammen dasitzen und Lieder schreiben. Es ist einfach ein geniales Gefühl mit Alustris und Magnus zusammen Musik zu schreiben. Wir jammen zusammen und dann fließen die Ideen einfach nur so aus uns heraus. Es ist einfach ,unsere‘ Musik, die nur durch uns entstanden ist. Und ich glaube, das merkt man.“

Auf die bestens nachvollziehbaren und griffigen Melodien bei Capud Draconis angesprochen, entfährt es dem Kerl freudig:

„Sie sind das Salz in der Suppe. Ohne sie macht es doch gar keinen Spaß. Und der ist doch das Wichtigste!“

Überdenkt man den Gruppennamen Capud Draconis, der übersetzt für „Das Haupt des Drachen“ steht, fragt man sich, ob sich die Urheber bei ihrem Treiben nicht selbst manchmal wie Drachen fühlen, in deren Innerem eine künstlerische Glut lodert. „Na ja, irgendwann muss es ja raus! Ich denke, das mit dem Drachen in uns ist vielleicht etwas übertrieben, aber die künstlerische Glut steckt durchaus in uns“, proklamiert Arach.

Für „Musica Aetatis“ hat der ehemalige Corvus Corax-Trommler Okusa an Schlagwerk und Davul mitgewirkt. Meister von Alzey schwärmt selig über die Zusammenarbeit mit solch' einem „alten Hasen“:

„Wir hatten Okusa 2011 auf den Märkten getroffen. Wir haben Anfang 2011 auch einige Auftritte mit der Gruppe Bannkreis zusammen gespielt. Als Okusa dann hörte, dass wir jemanden für die Trommeln brauchten, rief er mich sofort an und wollte unbedingt dabei sein. Was sollte ich da sagen? Der Mann war schon eine Legende für mich, als ich ihm noch von der anderen Seite der Bühne zugeschaut habe. Als wir dann mit ihm zusammen spielten und arbeiteten, war es wie eine Offenbarung. Der Mann ist einfach gut. Nein, das kommt nicht ganz hin. Er ist schlichtweg genial. Wir hatten eine unglaubliche Zeit im Studio. Da er aus Berlin kommt, haben wir die Aufnahmen der Trommeln zwischen zwei Wochenendauftritten gemacht. Da waren nur fünf Tage mit Schlafentzug pur, vor allen Dingen für Okusa. Aber er war cool, voller Power und zog das Ganze so unglaublich professionell durch, dass wir alle restlos begeistert waren, als dann schließlich alle Aufnahmen fertig waren. Das Beste aber an ihm ist wohl seine unglaublich lockere und lässige Art. Es macht einfach Spaß, mit ihm unterwegs zu sein.“

Das vorhergehende Album „Musica Divina“ war beziehungsweise ist ja recht erfolgreich - geht dieser Erfolg eigentlich auch über die eigentliche Mittelalter-Musik-Szene hinaus? „Nein, es bleibt im Mittelalter, was ich aber durchaus verstehen kann. Ich möchte auch nicht unbedingt mehr. Die Mittelalterszene ist ein schönes Pflaster und ich fühle mich wohl in ihr.“

Es folgt eine sehr persönliche Frage: Was ist einem Menschen und Musiker wie Arach das Heiligste auf dieser Welt?

„Also trotz aller Musik-Belange, am wichtigsten bleibt mir meine Familie und meine Liebsten. Wenn alles wegfällt, und das kann es ja jeden Moment, dann ist es das, was zählt. Ich bin auch der Meinung, das sich das niemals ändern sollte.“

Wir sprechen im Anschluss darüber, ob die aktuelle Besetzung bei Capud Draconis stabil und harmonisch im Miteinander ist.

Und der gute Arach konstatiert mit voller Überzeugung:

„Ja. Das ist sowieso das, was mir am meisten an der ganzen Sache Spaß macht. Ich kann die Musik, die ich machen will, mit meinen besten Freunden erzeugen. Das ist ein geniales Gefühl. Und für dieses Glück werde ich immer dankbar sein. Wir brauchen auch keinen Band-Tyrannen oder so etwas. Bei uns läuft das alles ab wie in einer Runde guter Freunde. Was anderes sind wir nicht. Und wäre es nicht so, würde es mir auch niemals Spaß machen.“

Wie meistern die Beteiligten bei Capud Draconis hin und wieder auftretende Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe - dieser Frage entgegnet mein Gesprächspartner: „Puh, Unstimmigkeiten ... ich glaube die größte Unstimmigkeit bei uns ist die Frage bezüglich des Essens nach der Band-Probe: Chinesisch oder Italienisch? Wobei es bei uns immer aufs Krebsloch hinausläuft. Dies ist ein Restaurant bei mir in der Nähe, welches definitiv das geilste Schnitzel der Welt hat.“

Der neue Plattentitel „Musica Aetatis“: Er leitet wie erwähnt den Abschluss der „Musica“-Trilogie ein. Was kann mein Gegenüber darüber Interessantes berichten?

„Es geht dabei um die im Mittelalter weit verbreitete These, dass man das menschliche Leben in sieben Abschnitte anhand der sieben damals bekannten Planeten einteilt. Wir wollten nun zum Abschluss ein wirklich mittelalterliches Konzept haben, und ich bin mir sicher, dass es ein würdiger Abschluss sein wird.“

Der erfreulich informative Dialog geht zu den Lyriken der hessischen Spielmannstruppe über.

Ich möchte dazu wissen, ob Arach einige Liedertexte von Capud Draconis beziehungsweise Teile deren inhaltlicher Tragweiten auch in seinem persönlichen Dasein vorfinden kann. Wir erfahren:

„,Vagabund‘ auf der ,Musica Nova‘-Scheibe habe ich selber geschrieben, und ich glaube, es gibt wohl kaum etwas persönlicheres.“

Gibt es Gruppen oder Künstler aus Vergangenheit und Gegenwart, welche die hessische Formation für die neuen Songs auf „Musica Aetatis“ beeinflusst haben beziehungsweise dies auch noch immer für Capud Draconis tun?

„Ich glaube, dass jede Art von Musik, die wir hören, uns beeinflusst. Manche Sachen berühren uns so sehr, das wir sie gar nicht mehr verdrängen können. Für mich war Musik schon immer mehr als einfach nur ein Song. Ich glaube wir nehmen viel davon mit. Es gibt nichts tolleres als diesen Flow beim Songwriting. Zu sehen, wie ein Song entsteht, diese Arbeit im Studio, die hart ist, aber die trotzdem in einer Art von Wahnsinn einfach knallhart abgearbeitet wird und natürlich der Moment, in dem man sich einfach nur zurücklehnt, den Song genießt und sich darauf freut, das nächste Lied fertig zu stellen. Egal was ist und was kommt, ich glaube, ich werde nie damit aufhören, Musik zu machen“, so Arach hierzu, und fügt dem gleich noch an:

„Es gibt ohnehin keinen Tag, an dem ich nicht an Capud Draconis denke oder nicht für die Gruppe arbeite. Diese Band ist mein Leben. Wir haben im letzten Jahr hart dafür gekämpft, dass es Capud Draconis dieses Jahr noch gibt. Das setze ich nicht mehr aufs Spiel. Ich kann es ehrlich gesagt schon kaum noch erwarten, endlich wieder für Bühnenauftritte auf der Straße unterwegs zu sein. Es brennt mir sozusagen in den Fingern.“

© Markus Eck, 01.03.2012

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