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Interview: CUMULO NIMBUS
Titel: Bodenständige Höhenflüge

Das neue Studioalbum „Totensonntag“ zeugt vom emsigen Bemühen, die eigene Musik vom Großteil der aktiven Genrerepräsentanten so gut und so eigenständig wie möglich abzuheben.

Ein absolut löbliches Unterfangen. Denn: Gut Informierte wissen über den mittlerweile zumeist identitätslosen musikalischen Zustand dieses noch immer tendenziell bekannter werdenden Musikbereiches ausreichend Bescheid. Die Landsberger Mittelaltermetaller Cumulo Nimbus aber, immer auf der Suche nach angemessener Weiterentwicklung, ließen mal wieder keine Gelegenheit beziehungsweise Liederidee aus, die ihnen in den Sinn kam.

Bereits im Jahr 2000 ins Leben gerufen, ging der noch immer sehr enthusiastische Haufen seither zusammen durch dick und dünn. Und ein Absacken der Passionen für die eigene Klangkunst ist beim harten Kern der Band bis heute glücklicherweise nicht ansatzweise zu verzeichnen, wie mein interessantes Interviewgespräch mit Sänger, Gitarrist und Schalmeispieler Mathis offenbart.

Im Lager der spielfreudigen Gewitterwolkenkapelle laufen die Dinge derzeit jedenfalls bestens.

„Wir stecken gerade bis über beide Ohren in der Organisation zu unserer CD-Release-Party für unser jüngstes Werk „Totensonntag“, die am 30.10.09 im Sommerkeller in Igling stattfinden wird. Zwei Jahre haben wir uns seit dem letzten Album Zeit gelassen, auch aufgrund von diversen Personalwechseln. Nun ist unsere Band aber optimal besetzt. Toll ist für uns natürlich auch, dass wir nun vom Label Black Bards unterstützt werden, das uns in Sachen Promotion einen Haufen Arbeit abnimmt. Jetzt ist für uns die Zeit gekommen aus dem Underground aufzutauchen, an die gleißende Oberfläche des Metal-Horizonts!“

Denkt mein Gesprächspartner, dass es überhaupt noch einen wirklichen Mittelalter Metal-Untergrund gibt, wie dies vor ein paar Jahren noch der Fall war, als das Genre noch nicht so populär war? Die Antwort kommt sehr zackig:

„Sicher! Das macht ja die ganze Sache so spannend: Eine Musik zu hören, die noch keiner kennt, die man im ollen Auto-CD-Deck mal kurz allen Freunden vorspielen und diese damit begeistern kann. Wir konnten auf den verschiedensten Festivals dermaßen viele, bis dato uns noch unbekannte Bands treffen und hören. Leider sind Gigs dieser Bands oft regional beschränkt, da wenige Veranstalter diese auf Festivals einladen, wenn sie etwas weiter entfernt liegen. Zum Glück ist unsere Booking-Agentur nicht nur deutschlandweit tätig und so führten uns die Konzertreisen sogar schon bis Serbien.“

Gefallen den Musikanten von Cumulo Nimbus all die immer wieder zitierten Vergleiche mit anderen Bands aus dem Genre? Mathis hierzu:

„Das kommt darauf an, mit wem wir verglichen werden. [lacht] Freude kommt vor allem dann auf, wenn in Reviews auf unsere Eigenständigkeit im Klangbild hingewiesen wird! Daran gilt es zu feilen, um sich als Band aus dem Schatten der Vorbilder und Vergleichszitate zu erheben.“

Mich interessiert in diesem Zusammenhang: Was sind noch immer seine Ziele für die Band und wie haben sie sich seit den Anfängen verändert? Wir erfahren:

„Anfangs hat man sich die Ziele eher niedrig gesteckt: Hauptsache spielen und feiern. Unser Debütmotto „Minne, Met und Moritaten“ hat sich trotz der fast zehn Jahre, die wir schon zusammen spielen in unseren Herzen erhalten. Mit der Zeit wird man natürlich ehrgeiziger. Die Bühnen werden größer, der Aufwand auch, aber es gibt immer noch Met gratis für das Publikum aus der Bühnenpulle und es werden immer noch Sinn-Texte zum Besten gegeben, auch wenn diese auf dem neuen Album etwas gruseliger und morbider ausfallen. Unser langersehntes Ziel haben wir ja wie erwähnt auch gerade erreicht: Ein rühriges Label haben wir gefunden, das uns mit Rat und Tat zur Seite steht und wir konnten dieses Jahr sogar auf dem Wacken Open Air spielen. An diese erreichten Ziele lässt sich, so hoffe ich, leicht anknüpfen.“

Mathis, einen so abwechslungsreichen und eigenwilligen Stil haben nur wenige Gruppen aus diesem Bereich. Hat sich euer Stil in den vergangenen Jahren verändert?

„Auf dem neuen Album haben wir diesmal mehr Betonung auf die Streichersätze und den Gesang gelegt, das der ganzen Sache passagenweise eine gewisse Feierlichkeit verleiht. Unserem Stil „Renaissance Metal“ sind wir aber immer noch treu geblieben. Wir versuchen mit diesem Begriff gleich zwei Umstände unserer Musik auszudrücken und zu vereinen: Zum einen Renaissancemusik im herkömmlichen Sinn mit ihrer Instrumentierung im „Broken Consort Sound“ mit Gambe, Geige, Flöten und Laute, ihrer Melodieführung und Kontrapunkt. Auf der anderen Seite verkörpert der Begriff auch die in unserer Musik auftretende Wiedergeburt des Heavy Metal der 80er Jahre.“

Die aktuelle Veröffentlichung „Totensonntag“: Wie ist die Gruppe den Songwriting-Prozess angegangen? Wollten Cumulo Nimbus von Beginn an all diese verschiedenen Elemente unter einen Schirm bringen oder ist das während des Komponierens einfach so „passiert“?

„Text und Rohbau für den Song stehen von Anfang an. Bei so vielen Instrumenten macht es keinen Sinn zu jammen. Natürlich findet jeder seine eigene Linie in dem Stück, da jeder ja auch Meister seines eigenen Instruments ist. Ob Text oder Melodie in der Regel jeweilig zuerst da sind kann ich generell gar nicht beantworten. Meistens liegt hier ein Melodieteil rum oder da einige Textpassagen, die dann zusammengeführt werden. Schwierigster Teil ist immer der Refrain, da der alle Geschehnisse des Textes resümieren muss, er muss prägnant sein, so dass ihn auch jeder mitgrölen kann und will. Der Rohbau bei uns wird ausschließlich mit Gitarren gezimmert. Die Melodielinien klügeln dann Carolynn und Lady Doro unter sich aus, bis das gesamte Arrangement stimmt. Bei dem jetzigen Album hatten wir schon im Ansatz an die Streichersätze gedacht, wie sie bei der „Alten Mühle“ oder bei „Stadt unter Wasser“ auftauchen.“

Mit den vielen Schichten und Facetten der aktuellen Songs kann man sich als Kenner dieses Genres vorstellen, dass ein Song nicht in ein, zwei Tagen fertig gestellt wird, wie läuft das Ganze ab?

„Manchmal geht das auch ganz schnell. Beim Schreiben von „Blutrote Segel“ kippt man sich einfach ein oder zwei Bier rein, dann fließt es aus der Feder. An anderen Tracks wird dafür ewig geschraubt. Erik kann da gar nicht aufhören und so verändert er hier und da noch Tönchen, obwohl wir das Lied schon seit gut einem Jahr spielen.“

Leicht vorzustellen im Zuge dessen, dass die Einflüsse dieser Landsberger Spielmannstruppe sehr weit gestreut sind.

Welche Bands kann Mathis als solche anführen?

„Das würde hier bestimmt Seiten füllen bei sechs Musikern. Ein meiner persönlichen Eigenschaft als Gitarrist haben mich natürlich schon immer Gitarrenvirtuosen wie Steve Vai, Yngwie Malmsteen oder Tony MacAlpine inspiriert. Andererseits, als Sänger wiederum faszinierten mich immer die Stimme und die Texte von King Diamond. Das hat natürlich nun weniger mit Mittelalter Metal zu tun. Dafür gehe ich dann aber direkt an die Quellen historischer oder klassischer Musik. Natürlich interessiert man sich dann auch, was die Kollegen des Musikgenres so abliefern.“

Und was macht ein Mann wie Mathis, wenn er nicht gerade Musik macht?

„Auch mein Doppelleben hat mit „Rock“ zu tun. Ich bin selbständiger Geologe und arbeite in mehreren Ingenieurbüros im Auftrag von Mutter Natur. Kann sein, dass mein Job an der frischen Luft auch des Öfteren zu den Naturbeschreibungen in meinen Texten führt. Sie dienen mir immer als stimmungsbringende Kulisse für die erzählten Geschichten.“

Wie definiert dieser erzählfreudige Kopfmensch persönlich den Faktor „Erfolg“? Nur in Sachen Albumverkäufen oder gibt es noch eine andere Definition?

„Erfolg ist, wenn man sich durchsetzen kann. Beispielsweise in meinem Falle: In Musik eine fünf, aber den Kulturförderpreis einheimsen. [lacht] Verkäufe sind mir derzeit nur insofern wichtig, dass sie unser nächstes Album finanzieren sollen. Ich bin also finanziell (noch) nicht abhängig von der Musik. Mehr Erfolgsgefühle bringt es für mich persönlich, wenn man vor vielen Leuten spielt, die aus ganzer Seele und voller Brust deine Texte mitgrölen und mit dir abfeiern, dass sich die Balken biegen! Das zeigt einem, dass man viel Zeit und Geld nicht umsonst investiert hat!“

An dieser Stelle möchte Meister Mathis abschließend noch die Gelegenheit nutzen und seinem Bruder danken, der mit ihm in dieser Band neun „fuckin’-rock’n’roll“ Jahre zusammen gespielt und die Musik sowie die Bandgeschicke von Cumulo Nimbus maßgeblich mitgeprägt hat. „Leider ist er nun aus zeitlichen Gründen von uns gegangen. Danke für all die metallischen Stunden! Keep on banging!”

© Markus Eck, 08.10.2009

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