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Interview: DARK AGE
Titel: Moderner und frischer

Wie gut müssen diese Hamburger Talente eigentlich noch werden, damit es die breite Masse an Schwermetallern endlich schnallt? Dies frage ich mich beim Hören ihres neuesten und vierten Albums „Dark Age“.

Denn seit ihrer Gründung im Jahr 1995 spielt diese herausragende Band ein begeisterndes Werk nach dem anderen ein, ohne dafür bisher ausreichende Würdigung erfahren zu haben. Doch ihr massiv-melodisches Dark- und Death Metal-Material strotzt geradezu vor unverbraucht wirkenden Ideen: Einfälle, deren prägnant individuell gehaltene Umsetzungen auch auf dem aktuellen Klang-Erzeugnis eine mächtige Songrakete nach der anderen entzünden können.

„Für dieses Album haben wir unsere Kräfte gebündelt und sie zu kompakten Songs zusammengefasst, was uns meiner Meinung nach auch ziemlich gut gelungen ist. Ausschlaggebend war dafür wie zuvor nicht zuletzt in erster Linie die Kombination aller Einflüsse, die in der Band bestehen“, beschreibt Tastenmann Martin Reichert eingangs die primäre kreative Stärke von Dark Age.

„Wir machen noch immer verdammt schwere Musik, die dich in den Sessel drückt und nicht mehr loslässt“, so würde Martin laut eigenem Bekunden einem Brachenfremden den Sound seiner Truppe darlegen.

Wie die auf dem neuen Album zu hörenden Härtegrade und instrumentellen Wutausbrüche zustande kamen, ist für ihn nicht so genau erklärbar:

„Wir haben einfach unsere Instrumente gepackt und drauflos geschrieben, was uns auf der Seele lag. Was heraus kam war `Dark Age`. Kein Masterplan, sondern Songwriting direkt aus dem Bauch heraus.“

Auf die seiner Meinung nach bestehenden Unterschiede musikalischer Natur zum Vorgängeralbum angesprochen, weiß der Keyboarder zu berichten: „Es ist eine nur natürliche Weiterentwicklung zu registrieren gewesen. Wir haben in den letzten zwei Jahren diverse neue Einflüsse dazu gewonnen und sind daher auf dem neuen Album heavier als je zuvor zu hören. Insgesamt klingt unsere neue Musik moderner und frischer als alles, was wir je zuvor gemacht haben.“

Wie der Tastenmann anfügt, fällt es der Band insgesamt schwer, hier spezifische musikalische Beeinflussungen zu nennen.

„Es ist immer schwer, da eine Band speziell zu nennen. Wir versuchen immer, uns auf uns selber zu konzentrieren und unbewusst fließen dabei Sachen von außen ein. Da jeder bei uns andere Favoriten hat, ist es schwer hier bewusste Einflüsse zu nennen, da diese von Machine Head und Metallica über A Perfect Circle bis hin zu Satyricon reichen.“

In den aktuellen Songs werden Emotionen wie beispielsweise Hass auf die Gesellschaft der bestehenden Welt, seelische Abgründe und Verzweiflung verarbeitet, erläutert mein Gesprächspartner.

„Fröhliche Stücke zu komponieren, ist nach wie vor nicht unser Ding. Im Song `My Own Darkness` geht es um eine Person, die verlassen worden ist und von niemandem aufgefangen wird. Eine traurige Erfahrung, die wohl schon jeder einmal durchgemacht hat, lyrisch und musikalisch auf den Punkt gebracht.“

So bestehen laut Martin auf textlicher Ebene nicht sehr viele Unterschiede zu dem, was Dark Age zuvor ablieferten. Genannte Themen wiederholen sich eben bei den Hamburger Todesmetallern.

„Auch unsere aktuellen Songtexte drehen sich vorwiegend um Probleme unserer derzeitigen Generation. So geht es in `Neokillers` zum Beispiel darum, dass in der heutigen Zeit immer weniger persönlicher Kontakt zwischen den Menschen stattfindet, weil man häufig nur noch über Email, SMS, etc. kommuniziert. Dadurch verarbeiten die Menschen ihre Ängste immer mehr in Träumen anstatt sich mit anderen auszutauschen.“

Der lyrische Inhalt des Stücks „Elegy Of A Forgotten Science“ hingegen besteht laut Aussage Martins daraus, dass die Menschen immer mehr den Bezug zur Natur verlieren und sich nicht um ihren Zustand kümmern.

„Die Natur war immer ein Indikator für den Zustand der Welt. Im Grunde geht die Natur aber immer mehr den Bach runter“, bedauert der Keyboarder zurecht.

Mir seinen ganz persönlichen Favoriten unter den neuen Kompositionen zu nennen, fällt ihm allerdings nicht gerade leicht. Der Fingerfertige hierzu:

„Das ist schwer, denn mein Favorit schwankt immer, da ich alle Songs für sehr gelungen halte. im Moment ist es `Neurosis 404`, ein Song zu dem man einfach abgehen muss.“, stellt er fest. „Hier hat sich unser Sänger Eike mit Menschen befasst, die sich einbilden krank zu sein, es aber gar nicht sind, was letztendlich dazu führt, dass diese Leute in der Klapsmühle landen.“

Das Frontcover des neuen Albums wirft einige Fragen bezüglich seinem tieferen Sinn auf. Martin beantwortet die wichtigste:

„Das Cover zeigt eine Person, die sich flehend und voller Hingabe dem Dark Age-Schriftzug entgegen richtet. Wir wollten damit zeigen, dass unsere Band etwas Echtes und Reales ist, dem man sich körperlich völlig hingibt. Das Zeichen im Vordergrund symbolisiert zwei übereinander gelegte Dreiecke, die ein `D` und ein `A` darstellen sollen.“

Insgesamt sind die Reaktionen auf die bisherige Musik der Hamburger aus dem In- und Ausland sehr zufrieden stellend.

„Wir mussten Interviews für alle möglichen Magazine aus der ganzen Welt geben, so gesehen also ein voller Erfolg. Im japanischen Burrrn!-Magazin waren wir sogar in den dortigen Leser Charts, was uns schon noch immer wie Öl runter geht.“

Wie von dem Tastenspieler außerdem noch zu erfahren ist, gab es allerlei differierende Kritiken zu den bisherigen Alben von Dark Age, welche von „Neue Hoffnung“ über „Das große Ding aus Deutschland“ bis hin zu „Pussy Metal“ reichten. Er findet:

„Kritik ist gut, so lange sie konstruktiv ist. Es ist nie nett, beschimpft zu werden – aber letztendlich wissen wir doch, dass wir können, was wir machen.“ Genauere Pläne hinsichtlich anstehender Live-Aktivitäten zum neuen Album existieren derzeit nicht.

„Bei uns läuft immer alles sehr spontan ab, ohne große Planung. Wir gehen einfach auf die Bühne und treten den Leuten in den Arsch. Auf jeden Fall ist jeder der neuen Songs live voll und ganz umsetzbar.“

© Markus Eck, 30.03.2004

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