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Interview: DAYLIGHT TORN
Titel: Wohlgefühl in neuer Haut

Auf ihrem neuen Album „New Skin“ zeigen sich die Österreicher Daylight Torn von einer bisher nicht gewohnten kreativen Seite.

Enthielt das 99er Debütalbum mit dem bedeutungsschwangeren Titel „Death Alone From Life Can Save“ noch – stellenweise wirklich todtraurigen – gotischen Metal voller deprimierender Momente der Verlorenheit, verarbeitet die Band auf ihrem neuen Werk „New Skin“ massive Einflüsse aus dem Gothic Rock.

Die Scheibe groovt enorm und weist an vielen Stellen sehr eingängige musikalische Grundmuster auf. Da auch das Image von Daylight Torn einer Generalüberholung unterzogen wurde, kann man von einem sehr repräsentativen Plattentitel sprechen. Erfreulich ist der Fakt, daß die österreichischen Dramaturgen trotz modifizierter Stilistik zu keiner Sekunde ihre anfänglichen Wurzeln verleugnen.

So sind einige sehr erdig-kernige und harte Rocker auf „New Skin“ zu finden, die nicht selten an alte Tage der Combo erinnern.

Im Lager der Band scheint momentan jedenfalls alles sehr erfreut in Richtung Zukunft zu blicken.

„Wir sind guter Dinge und freuen uns, daß wir trotz aller Schwierigkeiten, Sänger und Zweit-Gitarrist Max hat die Band beispielsweise ein Jahr nach der letzten CD-Veröffentlichung `Death Alone From Life Can Save` verlassen, ein für uns sehr befriedigendes Produkt namens `New Skin` abliefern konnten“, berichtet die Band.

Als Ersatz für die zweite Gitarre haben Daylight Torn kurz vor Beginn der Studio-Sessions zum neuen Album die junge Keyboarderin Nora an Bord geholt, die zwar noch nicht an den Kompositionen beteiligt war, welche aber mit ihrer Musikalität schon einige wichtige Impulse, besonders bei den Arrangements, auf dem neuen Kurs gesetzt hat:

„Eine weitere wesentliche Veränderung ist, daß Mea, welche beim ersten Release noch mit Max gemeinsam die Vocal-Parts getragen hat, jetzt als alleinige Frontfrau fungiert. Und dies, wie wir glauben, auch absolut überzeugend und begeisternd. Was auch die ersten Konzerte mit dem neuen Material bewiesen haben. Und was auch auf `New Skin` zu hören ist! Sonst ist das Line-Up seit dem letzten Album unverändert geblieben.“

Man kann den sympathischen Musikern den verdienten Erfolg und die berechtigte Beachtung nur wünschen.

Daylight Torn sind laut eigenem Bekennen waschechte Österreicher, die aber im ganzen Land verstreut leben.

So musizieren in der Band Gitarrist Christian Kössler und Sängerin Nora Obergeschwandner aus Graz in der Steiermark. Drummer Gunnar Hiptmair hingegen stammt aus der Nähe von Linz. Keyboarderin Mea wiederum kommt aus Ebensee und Tieftöner Christian ,Voli‘ Volenikin wohnt in Bad Ischl, wie in Erfahrung zu bringen ist.

Dort haben Daylight Torn auch das Probenzelt aufgeschlagen. In diesem kommt die Band regelmäßig zu gemeinsamen Proben an den Wochenenden zusammen, wie sie berichten können. Bekannte Bands aus den genannten Regionen werden dabei auch genannt:

„Wenn man Salzburg, Linz und Graz als erweitertes Einzugsgebiet mit jeweils rund 200 Kilometer Distanz herannimmt, dann könnte man unsere Ex-Labelkollegen Jack Frost, mit denen wir auch schon gemeinsam gespielt haben, oder eventuell die Salzburger Stigma erwähnen. Direkt aus Bad Ischl kommen noch Kurort, die früher in Hardcore-Kreisen einen recht guten Namen hatten. Und sonst: Kennt jemand von den Lesern den Herrn Hubert von Goisern?“

Letzteren wollen wir hierbei aber doch besser außen vorlassen. Lieber wieder zurück zu Daylight Torn und einigen biographischen Eckdaten.

„Ursprünglich war die Band das `Baby` von Chris Kössler und dem ehemaligen Sänger Max Janofsky. Vor circa fünf Jahren spielten wir noch unter dem Namen Avalon, den wir aber dann schon vor unserer ersten Veröffentlichung bei CCP in Daylight Torn änderten, weil der erste schon vergeben war. Die anderen Mitglieder sind über die Jahre dazugekommen. Ein richtig definiertes Ziel hatten wir eigentlich nicht. Gute, düstere Songs mit vielen Melodien sollten es sein. Damals haben uns Bands wie Paradise Lost, Tiamat, Anathema und andere gewisse Inspirationen geliefert; über die Jahre haben wir dann zu unserem eigenen Stil gefunden. Ein für uns sehr wichtiger Punkt, denn als Epigonen irgendeiner Mega-Band wollten wir nie abgestempelt werden. Auch wenn wir unsere damaligen Faves noch heute wegen ihrer unnachahmlichen Produktionen auf höchstem Niveau sehr schätzen. Da war es damals schon eine besondere Ehre, für Paradise Lost eine Show eröffnen zu können.“

Soviel also zum etwaig aufkommenden Vorwurf der allzu krassen und aus marktstrategischem Kalkül heraus vorgenommenen Stiländerung gegenüber dem Debüt. Die Band steht zu ihren inspirativen Wurzeln. Und auch zum Bandnamen:

„Einen Bandnamen zu finden, der gut klingt, leicht merkbar ist und den es noch nicht gibt, ist fast schon schwieriger als das Musikmachen selbst. Die Köpfe rauchten tagelang, denn wir wollten mit unserem Namen auch eine Aussage über unsere damals sehr depressive, finstere Musik machen, ohne dabei plump und plakativ zu wirken. Daylight Torn war da eine recht gelungene Idee, denn der Begriff kann nach unserer Auffassung auf zwei verschiedene Arten übersetzt beziehungsweise interpretiert werden: Einmal als `vom Tageslicht zerrissen` andererseits als `zerrissenes Tageslicht`. Als richtige Nachtmenschen paßt das ganz gut zu uns und wir stehen natürlich auch heute noch dazu. Die Musik mag sich zwar etwas verändert haben, trotzdem haben wir uns die Affinität zu den dunklen Seiten des Lebens bewahrt. Avalon war Düstergrunge, `Death Alone From Life Can Save` kam als bleischweres Konglomerat aus Gothic und Doom rüber und `New Skin` zeigt uns von der Groovy-Goth-Rock-Seite. Was sich kaum geändert hat ist unser Hang zur Melancholie: Offensichtlich schreiben wir Songs hauptsächlich dann, wenn diese wieder mal unser Leben bestimmt. Gründe gibt‘s dafür ja genug. Daher ist die neue CD keineswegs aufgesetzt; irgendwie gehören wir nicht zu den leichtlebigen, ständig fröhlichen Schönwetter-Guys. Sie ist ein hörbarer Beweis, daß wir uns weiterentwickelt haben, sowohl menschlich als auch musikalisch. Wobei diese beiden Wertungsparameter natürlich in einem engen Zusammenhang stehen. Wir sehen das Leben und unsere Lebensumstände einfach nicht mehr so hoffnungslos wie vielleicht vor drei Jahren und das spiegelt sich in der Musik wider. Grundsätzlich sind wir sehr sympathische Zeitgenoss(inn)en, wirklich! Und das ohne Allüren, Arroganz oder irgendwelche blöden Macken und die einfach ihre Musik lieben.“

Klingt doch nachvollziehbar. Der Grund oder die Gründe für die lange Abstinenz vom Markt waren zum Einen der Abgang von Max, der eine recht große Lücke hinterließ und die Formation dazu zwang, einen neuen Weg zu finden.

„Was wir anderen ja damals schon wollten. Die Nummern, die wir noch unter dem Einfluß von Max komponiert hatten, waren äußerst langsam und zäh und wir anderen waren eigentlich nicht mehr recht glücklich damit. Auch unser Label nicht. Deshalb haben wir das schon vorhandene Songmaterial verworfen und praktisch nochmals bei Null angefangen. Da ist fast ein Jahr verloren gegangen. That‘s it! Wir haben uns einfach weiterentwickelt und so hat sich die Musik mit verändert – bei Max war das beispielsweise nicht der Fall, und er hat konsequenterweise die Band verlassen. `New Skin` ist für uns die logische Weiterentwicklung von `Death Alone From Life Can Save`. Während auf dieser noch die Hoffnungslosigkeit regiert, ist auf `New Skin` ein starkes Licht am Ende des Tunnels erkennbar. Wir glauben nicht, daß wir einen radikalen Stilbruch vollzogen haben, sondern, daß gewisse Charakteristika noch immer unverkennbar sind. Außerdem sind wir überzeugt, daß wir mit dem neuen Material wesentlich mehr Fans erreichen können, als mit der letzten Veröffentlichung.“

Der neue Albumtitel könnte das auch versinnbildlichen. „Ganz einfach: Wir sind in eine neue Haut geschlüpft oder haben uns von der alten, verwelkten befreit. Während das Frontcover von `Death Alone From Life Can Save` noch die allgemeine Vergänglichkeit allen Lebens symbolisieren sollte, ist unsere Mea auf dem neuen buchstäblich zum/vom Leben erweckt worden. Und so fühlen wir uns auch.“

Die Liedertexte behandeln viele alltägliche Sachen, die den Beteiligten so passiert sind: „Liebe, Zorn, Verzweiflung oder auch Tod. Eigentlich sehr nachdenkliche und persönliche Dinge. Nichts über Sagengestalten, Zauberer oder kosmische Kriege. Wahrscheinlich gibt es viele Menschen, die beim Lesen der Inhalte unserer Songtexte Ausschnitte aus ihrem Leben oder diverse eigene Gedanken wiedererkennen können.“

Viele der neuen Songs hat Chris Kössler geschrieben. „Einige sind aber auch in Zusammenarbeit aller Bandmembers entstanden. Die Texte stammen von Chris und Mea. Wir sind einfach viel besser und routinierter geworden, beim Zusammenspiel sowie beim Arrangement. Die Aufnahmen haben deshalb in sehr entspannter Atmosphäre ohne viel Streß stattgefunden. Das hört man einfach. `New Skin` ist ganz klar besser als das Debüt!“

Das zeugt von enormem Selbstvertrauen. Derzeit ist die Kapelle sehr beschäftigt: „Wir checken gerade die Termine für die CD-Präsentationen. Die erste wird am zweiten November 2001 in unserer Heimat, in Bad Ischl stattfinden. Als Dank an die langjährigen Fans und Freunde. Ansonsten ist noch nichts fixiert.“

Besonders gern würden Daylight Torn mal mehrere Konzerte in Deutschland spielen. „Das wäre echt toll!“ Vom Bühnenoutfit her steht die Gruppe eher auf Dunkles: „Ansonsten gibt‘s viel Bewegung und wenn die Kohle stimmt, fassen wir auch eine dezente, etwas mystische Lichtshow ins Auge. Aber Tageslicht ist eher grausam zu ertragen bei unserer Musik.“

Für die Zukunft hat sich die liebenswerte Truppe einiges vorgenommen. „Wir haben schon für unseren Erstling recht gute Kritiken erhalten und hoffen nun natürlich, daß wir unsere Position weiter verbessern können. Unser großes Ziel: viel, viel live spielen, neue Fans gewinnen und wenn möglich in einem feinen Package mit anderen tollen Bands. Diesen Sprung wollen wir mit dieser CD schaffen. In Österreich sind die Auftrittsmöglichkeiten derzeit äußerst begrenzt. Darum: Europa wir kommen.“ An mir soll es garantiert nicht liegen.

Die letzten Worte der Band an dieser Stelle gehören den Fans. „Daylight Torn sind nach langer Durststrecke zurück. Allen Fans, die uns die Treue gehalten haben und so lange auf den neuen Silberling warten mussten, ein `Thank You` und viel Vergnügen mit `New Skin`. Zusammen mit alle neu gewonnenen Fans würden wir Euch liebend gerne bei unseren Konzerten begrüßen dürfen. Wir freuen uns darauf. Ein Versprechen: We never let you wait so long again!“

© Markus Eck, 09.10.2001

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