Interview: | DIABULUS IN MUSICA |
Titel: | Im Namen der Natürlichkeit! |
Auf ihre ebenso ereignisreiche wie interessante musikalische Eroberungsreise begaben sich diese mutigen spanischen Symphonic Metal-Entdecker aus Pamplona im Jahr 2006.
Und auch, wenn das dabei aufwühlend theatralisch vorstoßende Opulenz-Ensemble um Vokalistin Zuberoa Aznárez mittels des neuen und zweiten operettenhaften Album-Spektakels „The Wanderer“ jetzt an einem weiteren wichtigen Karriere-Ziel angelangt ist, darf der erstaunlich ästhetische Schaffenstrip dieser Band sehr gerne weitergehen. Denn Diabulus In Musica verstehen es mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit, dieser Musikrichtung Funken sprühende Impulse von enorm bereichernder Erscheinung zu versetzen.
Wie die aktuell so prunkvoll erstrahlende Veröffentlichung als Nachfolger zum bereits sehr erfolgreichen 2010er Debütalbum „Secrets“ ebenfalls offenbart, setzen sich die Beteiligten des Quintetts keinerlei Limits, wenn es darum geht, in allen Gestaltungsarten immensen Tiefgang zu erreichen.
Letzteres schließt auch eine kerngesunde Härte im bombastischen Gesamtsound von Diabulus In Musica mit ein. Doch nicht nur auf „The Wanderer“ scheinen sich die Ereignisse geradezu zu überschlagen, auch die Gruppe selbst ist alles andere als träge hinsichtlich ihrer eigenen Vermarktung.
„Bei unserem vorherigen Label fühlten wir uns sozusagen ziemlich ,isoliert‘, nachdem ,Secrets‘ auf den Markt kam. Denn wir waren dort die einzige Symphonic Metal-Formation, was sich nachfolgend nicht mehr sehr gut für uns anfühlte, um es mal so simpel zu formulieren. Nachdem wir die Offerte unserer neuen Plattenfirma erhielten, sagten wir daher ohne mit der Wimper zu zucken zu. Zudem sind wir mit einigen Bands von Napalm Records gut befreundet, was uns zusätzlich zu unserer getroffenen Entscheidung animieren konnte“, offenbart Zuberoa zu Beginn des Gespräches.
Und wie die stimmgewaltige Frontfrau sogleich im Anschluss daran wissen lässt, fühlt sie sich mit ihrer Band bezüglich der neu entstandenen Vertragssituation jetzt endlich wie in „einer glücklichen Familie“.
Und auch, wenn es schon sehr klischeehaft anmutet, so die Dame weiter, aber der spanische Fünfer macht musikalisch ganz genau das, was die Bandmitglieder von ganzem Herzen machen wollen. Sie lässt tiefer blicken:
„Und dabei denken wir nicht darüber nach, ob wir beispielsweise entweder zu poppig klingen oder ob wir vielleicht zu hart sind. Sondern uns ist es sehr viel wichtiger, ob uns das gefällt, was aus unseren Händen entsteht. Darüber hinaus haben wir auch keine ,Idole‘, was andere Bands betrifft. Dafür hören und mögen wir alle viel zu viele Bands aus den unterschiedlichsten stilistischen Sparten. Und dies hält unsere eigene Musik nicht zuletzt so wunderbar vielschichtig. Jedoch kann ich Nightwish an dieser Stelle gerne erwähnen. Als ich noch ein Teenager war, entdeckte ich ihre Lieder und war anhaltend begeistert, denn ich genoss ebenfalls eine klassische Gesangsausbildung und ich stand schon damals voll auf Metal. Etwas Vergleichbares zu Nightwish hatte ich zudem bis dato noch gar nicht gehört. Ebenfalls konnten mich auch gewisse Italiener unter ihrem damaligen Bandnamen Rhapsody nachhaltig faszinieren, durch ihre frühe Musik formte sich beispielsweise mein hoher Anspruch bei Orchestrierungen. Glücklicherweise besteht Diabulus In Musica sowieso aus sehr offenen Geistern, die außerordentlich gerne und ständig immens neugierig musikalisch und klanglich experimentieren. Wer sich das neue Album ,The Wanderer‘ aufmerksam anhört, wird meine Aussage ganz bestimmt vollauf nachvollziehen können.“
Auf Wunsch Bezug nehmend auf erwähnte klassische Ausbildung ihrer Stimmbänder, gewährt Madame Aznárez hierzu mehr Einblick:
„Ich begann bereits im Alter von gerade mal acht Jahren damit. Im Zuge dessen trat ich damals gleich auch einigen lokalen Chören bei. Nachdem ich diesen ,Kinderschuhen‘ entwachsen war, ging ich das Ganze noch umfangreicher und seriöser an. Meine Freude daran wuchs simultan mit erlerntem Können. Und auch heute noch lerne ich wirklich sehr gerne bei meiner Stimme dazu. Denn ich bin der Überzeugung, dass echtes und ehrliches Lernen niemals aufhört. Ich fühle mich stets so, als müsste ich Neues im Gesang geradezu unbedingt an mir entwickeln und ausreifen lassen.“
Wie im Weiteren von ihr zu erfahren ist, zeichnet Zuberoa auf besagtem Langspieler neben allerlei gesanglichen Leistungen auch für die mystischen Celtic Whistle-Parts verantwortlich.
„Auch habe ich ich einige Passagen mit der Barockflöte eingespielt. Ich mag ohnehin Folklore- und Weltmusik sehr, was mir für mein Flötenspiel sehr zugute kommt. Unser guter Freund Maite Itoiz von der ebenfalls aus unserem Land stammenden Rockband Elfenthal steuerte für unsere neue Scheibe sogar sein Spiel auf der Renaissance-Flöte bei, was wir allesamt sehr zu schätzen wissen.“
Als der Dialog zum Songwriting an sich übergeht, zeigt sich die ambitionierte Vokalistin erneut auffallend enthusiastisch.
„Unser erklärtes Ziel mit Diabulus In Musica ist es, so cineastisch und theatralisch wie möglich zu klingen. Wenn wir Lieder schreiben und arrangieren, wollen wir nicht nur eine Kollektion an Songs zusammenstellen. Sondern es soll ein mächtiges und komplettes Opus werden. Dabei spielen all die speziellen Gefühle, die ausgedrückt beziehungsweise vermittelt werden sollen, eine sehr große Rolle. Wie es eben bei einem Film-Soundtrack auch der zugrunde liegende Fall ist. Ein bombastischer und cineastischer Gesamtsound hilft uns zwar schon sehr dabei, unser Ziel zu erreichen, aber wir legen auch Wert auf den harschen Kontrast aus härtesten Gitarrenriffs und lieblichsten Akustik-Passagen. So fand und so hat jeder Song seinen ganz speziellen und präzisen Platz auf dem neuen Album.“
Und wie es ihrem Mund darüber hinaus impulsiv entfährt, ist die iberische Feuerfrau selbst eine leidenschaftliche Kinogängerin. „Ich liebe Filme von ganzem Herzen! Und ich sehe mir, wann immer ein guter Streifen läuft und ich die nötige Zeit dazu habe und, auch sehr oft welche im Kino an. Ich bevorzuge ganz klar Fantasy- und Historienfilme. Jedoch lehne ich eigentlich keinerlei Film ab, wenn das zugrundeliegende Motiv mich überzeugt.“
Solchermaßen angeregt, tendiert der folgende Gesprächsinhalt ganz automatisch zu den Lyriken auf „The Wanderer“. Und wie die Sängerin merklich aufgeregt zu informieren weiß, ist diese neue Platte gar ein textlich außergewöhnlich inhaltsreiches Konzeptalbum.
„Erzählt wird die Geschichte eines Mädchens, welches eine spezielle spirituelle Gabe hat und sich deswegen abgesondert von ihren Mitmenschen in der Gesellschaft fühlt. Sie wandert ruhelos umher, immer auf der Suche nach einem Platz, an dem sie endlich so akzeptiert wird, wie sie nun mal ist. Das Konzept ist eigentlich ja eine Allegorie zu Mutter Erde, der heutigen Menschheit und den damit verbundenen sozialgesellschaftlichen Schwierigkeiten von auserwählten Individuen, welche sich ihre Reinheit, Klarheit und tief spirituell gesinnte Naturverbundenheit vollauf in sich bewahrt haben. Für solche Menschen ist es auf diesem von mannigfaltiger Korruption verseuchten Planeten mittlerweile nämlich sehr schwer geworden, noch betont natürlich zu existieren. Diese ,speziellen‘ Zeitgenossen drohen daher mehr und mehr zu verschwinden. Meiner Ansicht nach sind gerade sie aber die letzte Hoffnung, welche dieser so immens geschundene Globus auf Heilung seiner Oberfläche hat. Ich finde es so unendlich traurig und beklemmend, dass die heutigen Menschen mehr und mehr vergessen, wo genau wir alle eigentlich herkommen! Zum Glück gibt es aber doch auch noch so einige Musikgruppen und Künstler, die sich diesem Kontext ebenfalls auf thematischer Ebene widmen und damit den Gedanken an den Wert unserer Erde aufrecht zu erhalten versuchen. Einige tun dies ja sogar auf recht krasse Art und Weise. Und wer weiß: Möglicherweise können solcherlei apokalyptische Gedankengänge in Musik die große Katastrophe, die uns alle augenscheinlich bedroht, am Ende doch noch aufhalten? Der fatale Weg, den die Gesellschaften der Welt in den letzten paar Dekaden eingeschlagen haben, muss doch schließlich unbedingt geändert werden!“
© Markus Eck, 12.02.2012
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