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Interview: FEJD
Titel: Mit beiden Beinen auf dem Boden

Dass sie mit hohem Anspruch und zeitloser Klasse am Werk sind, das haben die beiden Rimmerfors-Brüder Patrik und Niklas mitsamt Band bereits mit den zwei vorhergehenden Fejd-Veröffentlichungen umfassend bewiesen.

Nun beehren diese außergewöhnlich inniglich aufspielenden schwedischen Überzeugungstäter die globale Folklore-Szene mit dem neuen und dritten Album „Nagelfar“.

Absolut nahtlos in Sachen Authentizität einhergehend und mit antreibend kraftvoller Schlagzeug-Rhythmik versehen, erschließen sich die neuen Kompositionen allesamt willkommen flüssig. Geradezu wonnig gekrönt wird der feinsinnige musikalische Notenvortrag von Sänger Patrik, der die neuen Stücke so dermaßen selbstvergessen vokalisiert, als wäre er in sie hineingeboren worden.

Und dass das skandinavische Quintett seine einnehmenden Lieder auch mit wunderbar stimmig inszenierten und nicht selten gar bezaubernd naturmystischen Atmosphären ausschmückt, kann das Ganze einmal mehr hoch aus dem Genre-Geschehen emporragen lassen. 


„Wir wollten diesmal hauptsächlich ein Album aufnehmen, auf dem wir so nahe wie möglich an unser Live-Klangbild heranreichen. Es sollte kompromisslos auf den Punkt kommen, mit vollem Selbstwertgefühl. Wir hatten zum Ziel, auf dem Tonträger letztlich genau das wiederzugeben, was man auf der Bühne von uns erwartet. Heutige Bands wollen immer perfekter klingen, alles im Sound hat dabei ja unglaublich korrekt zu sein, was den Künstlern aber leider immer weniger Platz für ihre Individualität beziehungsweise eigenes Charisma lässt. Irgendwie hört sich mittlerweile doch alles gleich an“, legt Drummer Esko Salow eingangs dar.

„Wir aber schämen uns nicht für unsere klitzekleinen ,Fehler‘, ja, wir zeigen sie sogar sehr gerne, wenn es nur dem Bestreben nach aufrichtiger Präsenz dient. Und das neue Album atmet unsere ureigene Gegenwart und individuelle Darstellung dementsprechend sozusagen in vollauf natürlichen Zügen. Wir offenbaren uns couragiert genug dazu. Uns ist das Feeling in den eigenen Songs allemal wichtiger als künstlich aufgeblasene Perfektion, irgendwelche Ego-Trips oder damit verbundene übertriebene Selbstdarstellung. Ich hoffe daher sehr, die Leute da draußen hören unsere neuen Stücke mit Tiefgang und Verständnis an und verstehen entsprechend, worum genau es uns für ,Nagelfar‘ ging. Denn wir bieten Aufrichtigkeit für aufrichtige Ohren.“

Im Weiteren darauf angesprochen, dass Fejd sich ganz offensichtlich voll und ganz der hingebungsvollen Vertonung altnordischer Mystizismen und Legenden verschrieben haben, blüht der Mann regelrecht auf. Esko:

„Uns macht es in der Tat sehr glücklich, solcherlei Musik machen zu können. Ganz klar leben wir allesamt in der Gruppe realistisch und mit beiden Beinen auf dem Boden in der ,modernen‘ Welt, aber dennoch lieben wir die skandinavische Historie schon aus ganzem Herzen. Meiner Ansicht nach hat der heutige Mensch die wichtige Verbindung zu dem verloren, was ihm einst so wertvoll und oftmals sogar heilig war: Zur Natur und den darin lebenden Tieren. Die egomanische Menschheit ist viel zu sehr besessen davon, sich ständig möglichst individuell um sich selbst zu kümmern als um das, was um sie herum so alles passiert. Mythologische Belange üben immer einen sehr positiven Effekt auf mich aus, egal, aus welchem Bereich der Wahrheit. Ich meine, ob es nun jeweilig genau so gewesen sein könnte oder nicht, was da überliefert wurde, ist für mich sekundär. Primär erachte ich das Ganze wie einen Film oder ein Buch, worin man sich gerne vertieft, um darin schließlich erholsam zu versinken.“

Anschließend daran eröffnet der belesene Schlagwerker somit erwartungsgemäß einiges an Weitsicht.

„Hauptsächlich liebe ich natürlich unsere umfassende und naturnahe nordische Mythologie, doch reizen mich auch andere Kulturen und Zivilisationen mitsamt ihren spirituellen Hinterlassenschaften. Beispielsweise die alten Ägypter, Mayas, sogar der Bibel kann ich etwas abgewinnen. Unser Planet birgt meiner Meinung nach eine riesig interessante Historie und eine zeitgleich ebenso interessante Zukunft.“


Da das Zusammenspiel sämtlicher Instrumentalisten auf dem neuen Langspiel-Release bemerkenswert punktuell zur Sache kommt, hat sich der Schlagzeuger nachfolgend der Frage nach dem Zustandekommen solcherlei Reibungslosigkeit zu stellen.

„Das liegt nicht zuletzt auch sehr daran, dass wir generell Instrumente benutzen, die bezüglich ihrer jeweiligen Klangspektren gezielt aufeinander ausgerichtet sind. Nichts kollidiert dabei sozusagen, nichts stört sich oder ist sich im Wege. Jedes der verwendeten Instrumente hat seine ganz eigene ,Spur‘ auf unserer gemeinsamen ,Straße‘. Und genau darum hört man sie auch so gut heraus beziehungsweise kann sie so gut voneinander unterscheiden. Alles, was man als Hörer dabei zu tun hat, um die einzelnen Facetten mitzuerleben, ist, aufmerksam hinzuhören. Bands, die Metal spielen, haben zwei verzerrte Gitarren dabei, mitunter sogar einen verzerrten Bass, und oftmals ein Keyboard für den Schuss an Atmosphäre. Zusammen mit den extremen Growl-Vokalisierungen ergibt das meiner Auffassung nach ein überwiegend ziemliches Durcheinander. Zuweilen entsteht dabei ja auch etwas Tolles, aber eben immer noch durcheinander, wie ich finde.“

Esko kommt im Weiteren nicht drum herum, seine gemachte Ansage zu konkretisieren beziehungsweise sie in Relation zu Fejd zu bringen. Wir erfahren:

„Ich schätze, unser eigener Sound hört sich auf gewisse Weise doch ziemlich nach der Zeit der 1970er an. Wir spielen unsere Kunst nämlich beispielsweise um einiges simpler als viele der heutigen Formationen es tun. Gleichzeitig gehen wir ,schmutziger‘, also weniger aufpoliert, vor. Genau dies ermöglicht unseren Nummern aber ein organisches, ein realistisches Ambiente. Wir filtern die natürlichen Elemente der Instrumente und des Aufnahmeraumes keinesfalls heraus, das gehört für uns einfach dazu! Letzteres wird noch zusätzlich verdeutlicht durch eine spezielle Proberaum-Aufnahme, die wir als Bonustrack mit auf das neue Album gepackt haben. Und diese Aufnahme ist fast nicht von den anderen Songs zu unterscheiden, was einiges heißen will.“

Wie der Kesselwart dem anfügt, liefen die Aufnahmen der neuen Stücke im Studio für die Beteiligten überwiegend erfreulich glatt. Der Mann erinnert sich mit freudiger Miene:

„Wir hatten beispielsweise keinerlei Probleme damit, genau den speziellen Sound zu finden, den wir für ,Nagelfar‘ im Sinn hatten. Ich selbst spielte meine Schlagzeug-Parts in gerade mal sechs Stunden ein, inklusive Pausen, Anhören und Tuning. Schneller habe ich niemals zuvor ein Album einspielen können. Das größte Problem war es dabei überhaupt für uns, die Zeit im Studio buchen zu können, wenn auch wir Zeit zum Einspielen und Singen dort hatten.“

© Markus Eck, 18.05.2013

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