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Interview: GHOST BRIGADE
Titel: Aufrichtige Schwermutsgeister

Ein gleichfalls ergiebig ideenreiches wie auch handwerklich geschicktes Dark Metal-Quintett stellt diese eigensinnige Querkopf-Bande dar. Eine Schöpfervereinigung wie aus dem Reich der stilistischen Innovationsträume.

Und mit ihrem aktuellen Debütalbum „Guided By Fire“ setzen sich die Finnen Ghost Brigade bewusst zwischen eine ganze Menge stilistischer Stühle. Mit bestechend firm umgehender künstlerischer Hand platzierte der frisch vorgehende Fünfer hochinteressante, oftmals doomige Akzente in Hülle und Fülle zwischen die manisch dramaturgisch angelegten Surreal-Partituren seiner brutalträumerischen Lieder.

Gepaart mit industrieller Klangkälte zutiefst desolater Natur, entwickeln die sich abwechselnd extrem intro- und extrovertierten Emotionalkompositionen dieser Kerle zuweilen beängstigend einnehmendes Flair. So lag es für mich geradezu auf der kalten Hand, ein wenig informatives Licht in den klangvollen Spuk dieser skandinavischen Geisterbrigade zu bringen.

Wie Gitarrist Wille Naukkarinen mir im Interview-Gespräch bekundet, bevorzugt er persönlich trotz der erschaffenen erzkühlen Hartstahllegierungen eher wärmere (Außen)Temperaturen.

„Momentan wird es hier bei uns Herbst, so wird es wie jedes Jahr gewöhnlich täglich Stück für Stück ein wenig kälter hier. Ich muss sagen, ich mag den Winter überhaupt nicht, und schon gar nicht den finnischen. Ich bevorzuge als Jahreszeit eindeutig den Sommer“, gibt der in der Mitte Finnlands in der Kleinstadt Jyväskylä lebende Saitenschrubber am Beginn der Konversation zu Protokoll.

Wer derart kalte Lieder fabriziert und trotzdem Schnee nicht liebt, der ist wohl auch sonst kein Durchschnittsmensch. Und so ist es in der Tat, wie Wille im Weiteren mit einiger Coolness offenbart.

„Ich bevorzuge es in der Regel, die Dinge im Alleingang zu machen und zu regeln. Daher bin ich auch kein so genannter Familienmensch, mir geht es auch allein gut. Einsam fühlen tue ich mich so gut wie nie. Und wenn, dann habe ich meine Band. In welcher ich übrigens gerne von meiner sonstigen Direktive abkomme: Denn darin führen demokratische Entscheidungen wenigstens zu brauchbarer Musik.“

Hört man die teilweise ziemlich brachialen und trotzdem jederzeit obermelancholischen Rhythmusbatzen von Ghost Brigade, so spekuliert man wohl unweigerlich auf die dahinter stehenden Intentionen der dafür verantwortlich zeichnenden Urheber.

Trotz genau jetzt einsetzender Wortkargheit setzt der Finne so gut als ihm möglich erneut zur Auskunft an.

„Ein zugrunde liegendes Geheimnis? Nein, wir haben keins. Keine Ahnung. Über Solcherlei denken wir auch nicht nach. Niemals. Hauptsächlich versuchen wir auf alle Fälle, geistig und kreativ so offen wir nur irgend möglich zu sein, wenn wir unsere Lieder erarbeiten. Und wir verschwenden keinerlei Song- oder Melodie-Idee, nur weil vielleicht jemand behaupten könnte, das hätte schon eine Band vor uns so oder so mal gemacht. Es kümmert uns auch nicht großartig, ob wir uns eventuell im Laufe des Albums hier und da mal wiederholen. Denn alles entspringt letztlich von Grund auf ehrlichen musikalischen Beweggründen. Deswegen ist unser Zeugs auch in allererster Linie für geschmacklich und stilistisch offene Hörerschichten gedacht beziehungsweise vorgesehen. Bei uns kommen die Dinge aus dem Herzen. Und wir haben daher auch absolut keinerlei Angst oder Bedenken, haufenweise neue Sachen auszuprobieren und nachfolgend in unsere Songs zu integrieren. Hauptsache, uns gefällt, was wir als Ghost Brigade so machen. Wir möchten nicht zuviel über unser Tun nachdenken, denn das verfälscht doch nur die Authentizität der Kompositionen. Es gilt: Wir wollen pure Ursprünglichkeit und ehrliche Vielfalt, um jeden Preis!“

Wenn sich die Bandmitglieder der beharrlichen Geistgruppe im privaten Bereich auch die wirklich unterschiedlichsten Arten von Musik reinziehen, so haben die fünf dabei stets einen kleinsten gemeinsamen Nenner.

Wille geht hierzu ins Detail. „Egal, was wir uns anhören – wir stehen allesamt auf betont melancholische Klänge. Das ist und bleibt uns fünfen nun mal zueigen. Und dieser Fakt ist zugleich auch das nötige Schaffenssalz in der Spielersuppe von Ghost Brigade.“

Dass der mittlerweile 29-jährige Charaktertyp bereits im Alter von zarten 15 Lenzen mit dem Gitarrespielen anfing, kommt ihm hinsichtlich seiner zuvor gemachten Aussage nicht zuletzt natürlich enorm zugute.

„So kann ich meine sämtlichen impulsiven Gefühlsausbrüche stets voll und ganz auf die sechs Saiten meiner Klampfe übertragen – und dadurch eben bestmöglich zum stimmungsklanglichen Ausdruck bringen. Ich spielte mit den anderen schon vor zehn Jahren in einer Band, die wir dann jedoch aufgrund mangelnden Fortkommens, was mehrere Ebenen betraf, auflösten. Nach einiger Zeit merkten wir, dass wir ohne Musik zu machen aber erst recht nicht existieren konnten. Nach einer kreativen Pause gründete ich mit den Jungs somit im Jahr 2005 Ghost Brigade. Wir sind eben nicht die Schnellsten“, lacht der Mann, nun erstmals in aller förmlichen Dezenz. Ironischerweise am Ende des Dialogs.

© Markus Eck, 25.09.2007

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