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Interview: L'ÂME IMMORTELLE
Titel: Aus tiefem Bauchgefühl heraus

„Ein Moment ist die höchste Form der Existenz“. Mit dieser reizvoll poetisch angelegten Überschrift ist die Presse-Info zum neuen Studioalbum des anhaltend beliebten Herzschmerz-Duos L'Âme Immortelle versehen. Und der österreichische Düster-Romantiker Thomas Rainer, welcher die letzten drei Jahre mit dem Songwriting für diese samtschwarz schillernde Liedersammlung beschäftigt war, hielt auch für „Momente“ abermals treu an seiner bisherigen konzeptionell-kreativen Linie fest.

So stellt diese facettenreiche Veröffentlichung, mit mannigfaltigen modern-klanglichen Möglichkeiten aufwartend und entsprechenden Sound-Spezereien versehen, wieder betont emotional inszeniertes Gothic Electro Rock-Material vom Feinsten dar.

Berührend hingebungsvoll sind die wunderbar verträumten Lieder mitsamt den nicht selten aufwühlenden Atmosphären wieder von Rainer und seiner künstlerischen Dauerpartnerin, der diplomierten Musical-Darstellerin Sonja Kraushofer, inniglich vokalisiert.

Inmitten ergreifender Schwärmereien begehren diese neuen Melancholiker-Kreationen mit diversen hoffnungsvoll klingenden Anleihen auf.

Letztere fügen sich jedoch nahtlos in die immens tiefgründig fußenden Lied-Skulpturen der 1996 gegründeten Genre-Größe ein, da insbesondere die sanft entrückenden und betörend femininen Gesangslinien hoch erhebende anmutige Akzente zu setzen imstande sind.

„Obwohl es L'Âme Immortelle mittlerweile seit 15 Jahren gibt, ist es für mich auch aktuell betreffs des neuen und neunten Studioalbums noch immer sehr schwer, unsere Musik einem Außenstehenden treffend beziehungsweise erschöpfend zu beschreiben. Und letztlich ist dies auch noch immer überhaupt nicht wichtig für mich. Ich möchte vielmehr ,meine‘ Lieder so authentisch als möglich kreieren und dabei eine möglichst große inhaltliche Bandbreite abdecken; beispielsweise möchte ich von betont feinen Akustik-Instrumenten-Arrangements über stampfende Electro-Club-Krachern bis hin zu Rock- und sogar dezenten Metal-Anteilen eine Vielzahl an Klangelementen bei L'Âme Immortelle integriert wissen“, bekennt Rainer mit einiger Eloquenz, und man hört seinem Tonfall markante Entschlossenheit an.

„Von daher ist es eben selbst für mich äußerst schwierig, uns zwei als Duo zu kategorisieren. Ich nenne unsere Schöpfungen daher auch gegenwärtig schlicht ,Gothic‘„ simpliziert der Mann, und er geht sogleich schwungvoll über zum zeitlichen Hintergrund seiner neuen Lieder.

„Eigentlich kam von uns ja bislang fast jedes Jahr ein neues Album heraus. Ich und Sonja haben uns aber diesmal für ,Momente‘ wirklich enorm viel Zeit gelassen, das kann und will ich auch gar nicht leugnen. Denn diesmal entschieden wir uns schon im Vorfeld des Entstehungsprozess, so lange an allem zu arbeiten, bis sich das Ganze für uns ebenso gut wie richtig und perfekt anfühlt. Wir arbeiten im Zuge dessen nach dem Motto: ,Es ist fertig, wenn es fertig ist.‘; haben uns also ganz bewusst keine ,Deadline‘ für die endgültige Fertigstellung des Materials gesetzt. Einige Stücke auf ,Momente‘ sind aus diesem Grund tatsächlich bereits über drei Jahre alt. Mittlerweile ist uns als künstlerisches Duo nach all den Jahren der Existenz von L'Âme Immortelle zum Glück ohnehin vollauf bewusst geworden, was für ein Luxus es doch ist, sich als schöpferischer Geist viel Zeit für sein Werk zu lassen.“

Wie dieser merklich gefestigte Charakter und hauptsächliche Lyriker bei L'Âme Immortelle weiter zu berichten weiß, ist der Terminus „Musikalische Perfektion“ aus seiner Sicht heraus von ihm ebenfalls nicht genau zu präzisieren, was nun die Kunst des gefühlvoll agierenden Zweiers anbelangt.

„Ich kann dies sowieso nicht in Worte fassen, denn ich höre hierbei voll und ganz auf mein Bauchgefühl. Letztlich würde ich es auch betreffs ,Momente‘ dahingehend formulieren: Wenn ein Song von uns am Ende seiner Entstehung auf musikalische und textliche Weise das anfängliche Gefühl beziehungsweise die gemeinsame Vision vollends wiedergibt, welche wir dabei hatten, dann ist er nach unserem Ermessen ,perfekt‘.“

Und wie dem sich im Zwiegespräch erfreulich ungekünstelt gebenden Musikus daraufhin zu diesem Thema zu entlocken ist, brachte das lange andauernde Songwriting zum neuen Album „Momente“ diesmal relativ viele Lieder mit sich, bei denen er und seine Partnerin Sonja ungewöhnlich lange auf das gemeinsame Gefühl besagter Perfektion zu warten hatten.

„Das lag aber daran, dass wir gerne und viel an und mit den Liedern experimentiert haben. So gerieten uns diverse Stücke anfänglich sogar noch als wuchtige NDH- beziehungsweise Electro-Stampfer, um im Laufe unserer anhaltenden Beschäftigung damit letztlich als Balladen finalisiert zu werden. Mann kann daher schon ganz klar sagen, dass sich so einige Nummern mit der Zeit massiv gewandelt haben; darunter beispielsweise der siebte Track ,The Heart‘, von dem ich und Sonja sage und schreibe gleich fünf oder sechs finale Versionen erarbeiteten.“

Wie Thomas mit dem Brustton der Überzeugung darauf folgend noch Wert legt zu erwähnen, ist er als umfassend empfindender Mensch beileibe kein Nieselpriem.

„Oft schon wurde an mich herangetragen, gerade von der Presse abseits der einschlägigen Szene, dass ich bei der sehr speziellen Art von Musik, die ich mache, doch ganz bestimmt ein hochgradig melancholischer Trauergeist sein müsse. Das trifft jedoch überhaupt nicht zu. Sogar ganz im Gegenteil, denn ich nutze gerade meine eher verdrießlich gestimmten Zustände immer wieder sehr erfolgreich dazu, um Musik für L'Âme Immortelle zu erschaffen. Ich nutze das Komponieren und Erarbeiten der Lieder stets aufs Neue sogar regelrecht als effiziente Eigentherapie. Nachdem ich mir mein ,Leid‘ sozusagen von der Seele geschrieben habe, geht es mir danach immer wieder sehr viel besser.“

Eine stabile Basis also für vollkommen beseelte Klänge, möchte man meinen. Und exakt so ist es auch.

Der anspruchsvolle Komponist expliziert zu diesem Thema noch ergänzend:

„Für ,Momente‘ wurde mit großer Hingabe immens viel Detailarbeit geleistet. Bis auf die Sythesizer-Sounds fanden keinerlei Samples in den Liedern Verwendung, alles kam von realen Instrumenten wie beispielsweise Flügel, E-Piano, Streicher, Cembalo usw. Eines meiner maßgeblichen Hauptziele dafür war es nämlich von Anfang an, diesem Album ein sehr authentisches und betont organisches Flair zu ermöglichen. Ich wollte dazu jedes zur Verwendung klanglich geeignete Instrument, welches real existiert, eben auch von ,echter‘ Herkunft auf der neuen Platte haben. Und diesen Umstand hört man jetzt auf ,Momente‘ nicht nur einfach heraus. Sondern dies spürt man beim Lauschen der Lieder auch voll und ganz, ganz besonders während der Piano-Passagen.“

So ist der Mann laut eigener Aussage der gefestigten Ansicht, dass es sich für das feinsinnige Ohr ganz anders anhört, wenn Luft durch Schwingungen in Bewegung gerät, als wenn Töne und Klänge einzig elektronisch beziehungsweise digital erzeugt werden. Er legt nach:

„Da können all die computerisierten Samples noch so raffiniert, noch so toll und noch so detailreich sein, mich persönlich reizt das lange nicht so sehr wie richtiges Instrumentarium. Und dies ging diesmal gar so weit, dass ich sogar bei den auf dem Album vorhandenen elektronischen Fragmenten und Passagen durch ganz gezielte Beigabe von realen Instrumenten versucht habe, die jeweilige individuelle Klangtiefe und die organische Anmut zu steigern.“

Im Song „Absolution“ beispielsweise, so der Österreicher abschließend, eigentlich ein primär ziemlich synthetisch erscheinender L'Âme Immortelle-Track auf dem neuen Langspielwerk, wird die Hookline auf einem echten Flügel gespielt und es kommen reale Streicher zu Einsatz.

„Eine ergiebige Synthese sozusagen aus Synthesizer-Sounds und analogen Instrumenten, die dabei zum Tragen kommt, und wodurch ich es geschafft habe, ein sehr interessantes Klangbild zu erschaffen. Das Ganze dürfte für andere Bands zudem nicht ganz so leicht zu reproduzieren sein.“

© Markus Eck, 15.01.2012

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