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Interview: MORTUS
Titel: Rasante Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne

Mit ihrem aktuellen neuen Album „Exploring New Horizons“ blasen die österreichischen Stahlidealisten Mortus erneut zum machtvollen Sturm auf unsere gebeutelten Ohren. Diese werden dann auch recht schnell hellhörig, denn nach einigen – für ihre Anhänger recht verdrießlichen – Jahren der Marktabstinenz schlagen sie nun besser als je zuvor zurück.

Und der Plattentitel ist hier auch gleichzeitig Programm. Denn Mortus sind in der Vergangenheit einem beachtenswerten musikalischen Reifeprozess unterlegen, der aus dem anfänglich noch höllisch heiß geschmiedeten Blackened Death Metal der Band eine mittlerweile erfreulich stiloffene Mischung geformt hat. Erquickliches Resultat solcherlei stilistischer Veränderungen ist enorm abwechslungsreicher und vielschichtiger Metal, der durch betont rockige Riffs, viele unkonventionelle Melodien und oftmals prägnanten Simultan-Klargesang recht positiv auf sich aufmerksam machen kann.

Was damals also mit dem raren 1996er Minialbum „Hopeless“ begann und über den 1997 erschienenen Debüt-Fulltimer „The Beat Of Greed“ führte, findet nun mit „Exploring New Horizons“ seinen vorläufigen Höhepunkt. Ich kontaktierte demnach die beiden Gitarristen Inch und Dominik, Tieftöner Jay samt Sänger Thomson und Drummer Crack, welche nachfolgend einiges aus dem Nähkästchen der melodischen Todesmetaller ausplauderten.

Griffbrett-Schrubber Inch legt auch gleich los:

„Bei uns läuft derzeit wirklich alles sehr gut, nachdem wir nach längerer Pause endlich unser Material auf CD bannen konnten. Außerdem stecken wir mitten in den Vorbereitungen für einige Gigs, die auf das Erscheinen des neuen Albums folgen werden.“

Sein Bandkollege Jay schließt sich ihm unverzüglich an.

„Die Songs für das nächste Album nehmen auch schon Formen an. Diesmal soll der Zeitraum bis zum Erscheinen eines Nachfolgers um einiges kürzer ausfallen.“ Laut Sänger Thomson gab es auch einige größere Veränderungen in der letzten Zeit bei diesen talentierten Todesdienern. „Seit dem letzten Album ist schon so einiges geschehen. Ich habe beispielsweise mit meinem Studium begonnen, Jay hat seine Schwester verloren und ist Vater geworden, Line-Up-Wechsel etc.“

Kesselknecht Crack hierzu: „Wir hatten alle damit zu tun unser Leben wieder auf die Reihe zu bringen. Manchmal hat man zwar viele Ideen im Kopf, aber keine Zeit sie umzusetzen.“ Jetzt schaltet sich auch noch Bassist Jay ein: „Zu den `latest News` gehört wohl auch, dass nun auch Dominik sein Ausscheiden aus der Band bekannt gegeben hat. Sharp verließ ja damals die Band um mehr Zeit für seine anderen Hobbys zu haben. Seinen Platz übernahm nachfolgend Dominik. Aber wie oben bereits angeschnitten wird er uns nun auch nur mehr bei den kommenden Gig's unterstützen. Wir bedauern dies sehr da er ein ausgezeichneter Gitarrist ist und im Laufe seiner Zeit bei Mortus zu einem guten Freund geworden ist. Er hat sehr viele Projekte am Laufen bei denen er einen größeren Anteil am Songwriting hat als bei uns. Und er musste sich einfach entscheiden wo er seine persönlichen Schwerpunkte setzt.“ Saitenhexer Inch erteilt uns Auskunft über den Standort von Mortus. „Der Grossteil von uns wohnt derzeit in Linz. Thomson, derzeit in Ansfelden wohnhaft, ist hier auch schon einige Zeit auf Wohnungssuche. Jay ist wiederum in Marchtrenk zuhause.“

Thomson ist wie der Rest der Band tief in der dortigen regionalen Szene integriert. „Im Raum Linz und Umgebung gibt es ein paar relativ bekannte Bands. Mit den meisten davon pflegen wir einen guten Kontakt beziehungsweise eine gute Freundschaft.“ Jay listet mir auch gleich einige der dortigen Truppen auf: „Um sie beim Namen zu nennen, wären da beispielsweise: Astaroth, Thirdmoon, Septic Cemetary, Legacy of Hate, Jack Frost, Olemus, Puls und noch viele andere.“ Wann Mortus denn eigentlich genau gegründet wurden, weiß auch Crack nicht mehr so genau: „So wirklich weiß das niemand mehr und es gibt leider keine genauen Aufzeichnungen. Irgendwann im Jahre 1993 gründeten Inch und Sharp die Formation Sadistic Hate. Ein Jahr später hatte sich die ursprüngliche Besetzung so stark gewandelt, dass man entschloss dem Ganzen einen neuen Namen zu geben. Mortus waren geboren und bestanden aus Thomson, Inch, Sharp, Jay und mir.“

Das anfängliche musikalische Ziel beziehungsweise die Beweggründe der Bandgründung waren laut Inch wie bei so vielen Acts eine fanatische Hingabe an bereits bekannte Größen des Metal.

„Sharp und ich waren damals große Metallica-Fans. Wir kauften uns unsere ersten Gitarren und versuchten es unseren Idolen gleich zu tun. Unser Ziel war es den Planeten mit unserer Musik zu erobern. Ganz wie unsere Vorbilder. Wie gesagt war das 1993. Aus heutiger Sicht klingt das alles schon ziemlich naiv, aber wenn ich mir ansehe was wir bis jetzt geschaffen haben, bereue ich es nicht naiv gewesen zu sein.“ Schön gesagt. Die stilistische Entwicklung von Mortus ist auch typisch für das beackerte Genre, wie Inch berichtet: „Zu Zeiten von `Hopeless` und `Beat Of Greed` war es eindeutig Death Metal. Heute bezeichnen wir es am liebsten als `Metal`, da uns dieser Begriff den nötigen Spielraum für Experimente gibt.“

Drummer Crack ergänzt ihn.

„Wie Inch bereits erwähnt hat, kauften er und Sharp sich damals, als Sadistic Hate gegründet wurde, ihre ersten Gitarren. Bei den anderen war es nicht unähnlich. Wir haben sozusagen gemeinsam gelernt unsere Instrumente zu bedienen.“

Shouter Thomson bringt auch noch die menschlich-erfreuliche Entwicklung seiner Truppe zur Sprache.

„Ein wichtiger Teil von Mortus ist unsere Freundschaft. Ich denke wir waren noch nie so gute Freunde wie jetzt. Dies wirkt sich bedeutend auf unser Schaffen aus. Manchmal glaube ich dass es jetzt erst so richtig losgeht.“ Schwer ist es jetzt bestimmt auch für die Band selbst, das metallisch bediente Metier ihrer mittels modifizierter Stilistik aktuellen Musik zu bestimmen.

Die „Neue“ von Mortus ist nämlich sehr interessant: Die Jungs haben zwar viele verschiedene Einflüsse verarbeitet, die ganze Scheibe hört sich jedoch wie aus einem Guss an. Jay freut sich über meine Worte:

„Ich hoffe dass es uns nicht zum Verhängnis wird. Aber ich glaube nicht, dass man im Bereich Metal noch eine spezielle Schublade finden kann, in die wir genau hineinpassen. Wir hoffen, mit unserer Musik verschiedenste Hörer für uns zu gewinnen. Leider können manche Leute nicht ohne `geißbockinfizierter Cyberbarock-Death Metal` leben. Dies sei jedoch nur als Beispiel genannt. Ich fand die CD von Korova echt geil, aber wenn sich jede Band einen eigenen Begriff für den jeweiligen Stil ausdenken müsste?“

Der Grund für den Stilwechsel bei Mortus war laut Thomson aber weder die Überfüllung des Death Metal-Marktes noch irgendwelches kommerziell orientiertes Kalkül. „Wir haben uns nie Gedanken darüber gemacht ob wir unseren Stil ändern sollten um irgendeiner Überfüllung zu entgehen oder um vielleicht größere Verkaufszahlen zu erzielen. Wir werden von unseren Erlebnissen geprägt und diese werden in unserer Musik widergespiegelt. Und immer dasselbe zu machen ist auch nicht gerade unser Ding.“ Einfach nachvollziehbar. Der neue Albumtitel ist, wie Crack berichtet, auch die Reflektion einer neuen Ära bei unseren österreichischen Helden. „Es hat etwas mit Weiterentwicklung und Neubeginn zu tun. Im Laufe eines Menschenlebens muss man viele neue Horizonte erforschen. Man kann an Ihnen reifen beziehungsweise sie für einen Neubeginn benützen.“

Auch Jay resümiert: „Rückblickend betrachtet könnte man sagen, dass das Album sich selbst betitelte. Der Inhalt der Texte und der leichte Stilwechsel schrieen förmlich danach. Es wäre schwieriger gewesen den Titel nicht zu wählen.“ Er hat auch manche der neuen Texte verfasst. „Grundsätzlich geht es in unseren Lyrics vorrangig um persönliche Erfahrungen. In manchen Texten die von mir verfasst wurden, habe ich versucht den Tod meiner Schwester zu verarbeiten.“ Auch für Thomson sind die Songtexte von Bedeutung: „Früher waren sie uns nicht ganz so wichtig. Wir messen ihnen aber immer mehr an Bedeutung zu. Vielleicht etwas, das mit Reife zu tun hat.“ Crack erläutert uns die Arbeitsweise seiner Band. „Inch und Jay bringen die Riffs in den Proberaum, wobei der größte Anteil sicher von Inch kommt. Das Arrangement wird dann von uns allen mitgestaltet. Thomson und ich beschäftigen uns auch recht intensiv mit dem Schlagzeug. Und Dominik kümmert sich um die meisten Lead- und Sologitarren.“

Arbeitsteilung herrscht auch beim Verfassen der Lyrics, wie wiederum Inch erzählt. „Thomson und Jay schreiben die Texte zu gleichen Teilen. Aufgrund spezieller Vokal-Arrangements arbeiten sie aber oft zusammen an einem Text. Am Anfang wurden die Texte ausschließlich von Thomson geschrieben – was dadurch zu erklären ist, dass Jay als letzter in die Band kam und er erst später begann sich an den Vokals zu beteiligen.“ Der letzte Auftritt von Mortus ist auch noch gar nicht so lange her, wie Thomson sich erinnert. „Das war am 11.5.2001 im Linzer Posthof. Toller Gig, tolle Kulisse. Danach ging es ab ins Studio.“

Jay berichtet in diesem Kontext gleich noch von zukünftigen Vorhaben dieser Natur. „Die nächsten Konzerte sind am 2.3.2002 in Gainberg und am 26.4.2002 in im deutschen Hauzenberg. Weitere Termine in den nächsten Monaten sind in Planung, aber noch nicht spruchreif. Wir sind live sowieso immer für eine Weiterentwicklung zu haben und arbeiten daher auch ständig an unserer Performance. Ein Traum wäre es, wenn wir einmal die Möglichkeit hätten, Crack weiter nach vorne zu bringen, weil es einfach schade ist, dass man hinter dem Schlagzeug von ihm nichts sieht.“

Die musikalische Zukunft für Mortus sieht vielversprechend aus, Crack blickt schon mal voraus: „Das nächste Album soll spätestens in einem Jahr auf den Markt kommen. Das bedeutet dass wir noch heuer 2002 ins Studio müssen. Vorher wollen wir aber noch viele Konzerte spielen und unsere Live- Qualitäten beweisen. Über zu wenig Arbeit können wir uns also nicht beschweren.“ Und laut Jay werden „Mortus stilistisch auch noch so einige Experimente wagen. Und außerdem sehr hart am Gesang arbeiten.“

© Markus Eck, 27.02.2002

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