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Interview: OBTAINED ENSLAVEMENT
Titel: Schwarzes Gold

Die beständigen Norweger Obtained Enslavement kann man bedenkenlos als verdienstvolle Streiter ihrer musikalischen Mission titulieren. Gegründet bereits 1989 als Black Metal-Band in Reinkultur, erscheint dieser Tage das von vielen bereits heiß ersehnte vierte Album des mitunter rasend schnell und geradezu präzisionssüchtig agierenden grimmigen Quartetts.

Prägnante Spezialität der pfeilschnellen Gesellen war und ist ein subtil in ihrem Schaffen involvierter Bombast, der die gehässigen Zertifikate akustischer Inbrunst auf ein hohes Level zu heben vermag.

Mit der aktuellen Veröffentlichung namens „The Shepherd And The Hounds Of Hell“ hat man abermals einen großen Schritt nach vorne gemacht: Kann dieser großartige Brocken schwarzen Goldes doch durch ein Höchstmaß an qualitativen und durchdachten Kompositionen bestechen, denen diesmal sozusagen als Geschmacksverstärker eine enorme Prise an traditionellen Einflüssen injiziert worden ist, was Obtained Enslavement sehr gut zu Gesicht steht.

Gerade durch diese intelligent gewählte Modifizierung des Gesamtsounds erfuhr ihre Musik einen wahren Kräfteschub, der in der Wirkung frappierend ist. Immer noch dämonisch und boshaft wie der Leibhaftige selbst, jedoch nun spielkulturell endgültig sprachlos machend, ringen einem die auf „The Shepherd And The Hounds Of Hell“ enthaltenen Dokumente besessensten und vor tiefschwarzer Leidenschaft überschäumenden Musizierens aufrichtige Bewunderung und ehrfürchtigen Respekt ab.

Ein kurzer Meinungsaustausch via D@tenhighway mit Ausnahme-Drummer und Gründungsmitglied Torquemada soll einige unter den Nägeln brennenden Fragen erläutern.

Das neue Album weist eine wirklich exzellente Produktion auf, die ebenso druckvoll wie transparent ist und es interessiert einen, wie diese zustande kam.

„Unser neues Werk wurde innerhalb von drei Wochen im Sommer 1999 im Studio Soundsuite aufgenommen. Wir lebten die ganze Zeit im Studio und arbeiteten Tag und Nacht. Mit unzähligen Bier- Weinvorräten im Handgepäck konnten wir schon nach kurzer Zeit eine für alle beteiligten sehr angenehme Atmosphäre erzielen. Nach einer Weile entwickelte sich aufgrund der Umstände eine ziemlich abgedrehte Arbeitsweise, was für unsere Art von Musik aber wieder einmal sehr förderlich war. Wir hatten einen Heidenspaß in diesem Zeitraum und konnten ein für uns sehr befriedigendes Endergebnis erreichen.“

Flüssig und nahtlos gleiten die tosenden Songgebilde ineinander über, die jedes für sich eine eigene fesselnde Aura erzeugen können. Abwechslung wurde diesmal noch größer als sonst geschrieben und die in den Stücken ihre ganz eigene Dominanz entwickelnden Melodien können zur Abrundung des positiven Gesamteindrucks ihre hinreißende Pracht mehr denn je widerstandslos entfalten.

Da die Stücke in ihrer Komplexität nicht so ohne weiteres aus dem Ärmel zu schütteln sind, muß ich unbedingt die Art und Vorgehensweise des Songwritings in Erfahrung bringen.

„Die beiden Gitarristen Heks und Døden sind die Komponisten bei Obtained Enslavement. Heks spielt auch den Bass. Die beiden kennen sich in- und auswendig, was immens ertragreich zu sein scheint. Sie schreiben die Songs und zusammen mit mir arbeiten wir die Stücke dann aus. Die ergänzenden Lyrics stammen von Pest, unserem wandlungsfähigen Dämon hinter dem Gesangs-Mikro. Wir harmonieren sehr gut beim erarbeiten unserer doch sehr vieldimensionalen Tracks, was man den Dingern aber auch anhören dürfte!“

Der Eindruck, der beim Lauschen von Obtained Enslavements exzentrischer Musik entsteht, ist der eines nicht leugbaren gewissen Hasses auf so ziemlich alles Erfahrbare in der modernen Welt.

Ein Hass, wie er doch die existenzielle Triebfeder für abertausende Black Metal-Bands zu sein scheint.

Sind unsere skandinavischen Schwarzmetallhelden am Ende auch gegen das Christentum? Doch Torquemada ist zu professionell, um jetzt gleich eine ausgelutschte Haßtirade gegen alle Gottesfürchtigen vom Stapel zu lassen.

„Nun, unsere Vocals sind es in gewisser Weise. Ich weiß, daß Pest einiges auf dem Herzen hat, was er am liebsten die ganze Welt würde hören lassen. Aber das soll hier nicht zum Gegenstand diesbezüglicher Erwägungen werden. Unser Motor bezieht seine Kraft ganz einfach aus unserer Liebe und Passion für brutalen Metal, den wir mit so viel Anspruch wie es uns möglich ist zelebrieren wollen.“

Mir ist bei der Durchsicht der gegenwärtigen CD aufgefallen, daß diesmal erstmals in der Bandhistorie das altbekannte und mir eigentlich sehr ans Herz gewachsene Bandlogo nicht mehr auf dem Frontcover zu sehen ist, wie das in der Vergangenheit bei mehreren Kollegen der Zunft zu beobachten war. Meistens gingen damit nicht unerhebliche Zugeständnisse an die Kommerzialität einher. Auch so bei Obtained Enslavement?

„Nein, nein. Der einzige Grund dafür war ästhetischer Natur. Wir fanden, daß das Logo einfach nicht zum Coverartwork passt. Wir lieben unser Logo und wollen es auch ansonsten beibehalten.“

Klingt nachvollziehbar. Auch die Musik der Formation selbst bietet keinerlei Anlaß, in dieser Richtung etwas zu befürchten.

Wenn man sich das neue Material anhört, ist man schon von der instrumentellen Relevanz des norwegischen Kommandos beeindruckt. Wie oft muß man denn eigentlich proben, um solche technischen Fertigkeiten hinzukriegen?

Torquemada: „Wie alles, was perfekt sein soll, erfordert auch dies harte und kompromißlose Disziplin. Vor den Aufnahmen zu „The Shepherd And The Hounds Of Hell“ brachten wir ungefähr dreimal wöchentlich über den Zeitraum von einem Jahr unseren Proberaum zum beben...“

Besonders gespannt bin ich wie viele andere sicher auch auf eventuell bestehende Pläne einer europaweiten Tour, auf der man das bombige Quartett in Natura bestaunen kann. „Napalm Records haben einige Pläne über eine solche Tour, aber leider ist noch nichts Definitives bekannt. Aber ich glaube und hoffe, du wirst Obtained Enslavement auf einer solchen Tour noch dieses Jahr zu Gesicht bekommen.“

Dieses wird zur dämonisch grinsenden Fratze mutieren, sollte die Band auch in meiner Nähe eine Halle mit ihrem wuchtigen Repertoire bis auf die Grundfeste erschüttern.

© Markus Eck, 27.05.2000

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