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Interview: REBELLION
Titel: Fundierte Faszination

Auch auf dem neuen und siebten Langspieler der Teutonic Power Metaller bewegt man sich textlich wieder in geschichtsschwangeren Gefilden.

Ging es auf dem 2012er Werk „Arminius: Furor Teutonicus“ noch speziell um den gleichnamigen germanischen Schlachtenhelden, so drehen sich die Songtexte nun diesmal um die historischen Belange der Sachsen. Musikalisch bleiben sich Rebellion auf dem Konzeptalbum „Wyrd Bið Ful Aræd – The History Of The Saxons“ einmal mehr treu.

Tiefgang
Wie Bassist, Lyriker und ex-Grave Digger Tomi Göttlich erzählt, haben er und seine Mannen in in 2014/15 neben diversen kleineren Festivals vor allem an Songs und Texten gearbeitet.

„Die neue CD handelt von der Geschichte der Sachsen bis zu ihrer zwangsweisen Christianisierung durch Kaiser Karl - den Beinamen ,der Große‘ spare ich mir hier. Ich habe mich etwa ein Jahr lang in die Thematik eingelesen und im Booklet natürlich auch einen entsprechenden historischen Kommentar verfasst. Ein Thema, welches mich wirklich fasziniert hat und ich hoffe, dass es auch das Interesse der Fans weckt. Ich wollte nach ,Arminius‘ gerne noch ein wenig mehr über die Germanen machen. So bin ich dann über die Externsteine bei Paderborn, die ich aus rein privatem Interesse besucht hatte, auf die Sachsen und die Irminsul gestoßen und habe dann einfach mal angefangen zu lesen.“

Recherche
Bei derartigen Themen hilft einem das Internet nur bis zu einem bestimmten Punkt weiter, ergänzt der Tieftöner.

„Wenn man tiefer in die Thematik eindringen will, muss man auf wissenschaftliche Bücher zurückgreifen. Auch die eine oder andere archäologische Stätte habe ich mir angesehen. Klar überliefert ist aus dieser Zeit eigentlich überhaupt nichts. Die Quellenlage ist dünn und alle Quellen sind mit einer klaren politischen Intention geschrieben. So kann man zum Beispiel von Einhard, dem Chronisten von Kaiser Karl, keine objektive Berichterstattung erwarten. Die wissenschaftliche Diskussion dreht sich also um die Interpretation der jeweiligen Quellen und den Abgleich mit beispielsweise archäologischen Funden. Für mich ist das aber ganz gut, denn ich kann mir die Version aussuchen, die mir am besten in meine Geschichte passt. Die Irminsul lege ich z.B. an die Externsteine, unser Album-Frontcover ist ein übermaltes originales Foto dieses Ortes, so hätte die Irminsul aussehen können … theoretisch zumindest. Im historischen Kommentar des Booklets äußere ich mich etwas ausführlicher zu diesen Fragen.“

Aufarbeitung
Rebellion beginnen auf „Wyrd Bið Ful Aræd – The History Of The Saxons“ mit der etwas mystischen Gründungsgeschichte der Sachsen und verfolgen ihren weiteren Werdegang über ihre territoriale Expansion bis nach England und bis zu ihrer Christianisierung durch die Franken. Tomi:

„Interessant ist, dass das vermeintliche Ende der ,freien Sachsen‘ und ihre zwangsweise Eingliederung ins fränkische Reich eher ein neuer Anfang ist, denn nur knapp hundert Jahre später ist es ein Sachse, der das Ottonische Kaisergeschlecht des ostfränkischen Reiches gründet. Wenn man in ganz großen Bahnen denkt, kann man durchaus die vermeintliche Erbfeindschaft zwischen Deutschen und Franzosen, die ja nun wirklich genug Leid und Kriege gebracht hat, bis auf die Auseinandersetzungen zwischen den Franken und den freien germanischen Stämmen zurück verfolgen. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang allerdings in jeder Hinsicht von rechts gerichtetem Gedankengut distanzieren. Mir ist durchaus bewusst, dass Germanentum und entsprechende Symbole in derartigen Kreisen gerne benutzt oder eher missbraucht werden. Das zeigt aber nur, dass diese Menschen eigentlich nicht wissen, womit sie es zu tun haben. Denn mit nationalsozialistischem Denken oder völkischem Wahn hatten die Germanen so wirklich gar nichts am Hut. Und ich finde es unerträglich, dass irgendwelche rechten Idioten mal so eben diesen Teil der Geschichte für sich vereinnahmen.“

Bescheidenheit
Die neuen Rebellion-Songs, die „Wyrd Bið Ful Aræd – The History Of The Saxons“ beinhaltet, sind seiner Auffassung nach rein harmonisch gesehen wohl etwas abgefahrener als auf dem Albumvorgänger „Arminius: Furor Teutonicus“.

„Auch die Arrangements sind etwas progressiver geworden. Auf der anderen Seite gehen wir phasenweise wieder etwas mehr ,back to the roots‘ … der eine oder andere Riff könnte durchaus auch auf der ,The Reaper‘ von Grave Digger sein ohne aufzufallen. Ob die neue Scheibe typisch ist für uns? Das weiß ich gar nicht so genau. Ich glaube das können Außenstehende besser beantworten. Ich denke schon, dass jede CD von uns anders klingt als die davor, und ich denke schon, dass man eine klare musikalische Entwicklung der Band sehen kann, aber wie gesagt, ich selber kann meine eigene Musik nicht wirklich objektiv beschreiben.“


Umstände

Der anschließende Dialog befasst sich mit Höhen und Tiefen beim Songwriting für „Wyrd Bið Ful Aræd – The History Of The Saxons“.

„Ja, da gab es schon so einiges … Ollie hat mal eben sein komplettes Haus renoviert, ich habe mich von meiner Ehefrau getrennt und während dessen haben wir die CD aufgenommen … ich glaube wir werden keine CD mehr unter solchen Bedingungen aufnehmen. Das kann der Scheibe aber auch einen ganz eigenen Charakter verleihen; mal sehen wie ich das in einigen Jahren sehe, wenn ein wenig Abstand entstanden ist.“

Interesse
Nach wie vor geht es Tomi bei Rebellion hauptsächlich um den Spaß an der Musik, wie er konstatiert. „Viel Geld verdient man ja heute nicht mehr, aber es macht halt einfach immer noch einen Riesenspaß eigene Songs zu schreiben, aufzunehmen und vor allem live zu spielen. Nebenbei interessieren mich die Themen, die wir auf den CDs thematisch behandeln. Die Musik ist also für mich auch ein Ansporn oder ein Anlass ich in die jeweiligen Themen einzulesen, Bildungs-Metal sozusagen“, entfährt es dem Mann noch mit einem Lachen.

© Markus Eck, 03.09.2015

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