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Interview: ROTTING CHRIST
Titel: Hommage an uralte Götter

Mit allerlei okkultmusikalischer Esoterik versahen diese hellenischen Todesschwarzmetall-Altmeister ihre neueste Kreation – das aktuelle Studioalbum „Theogonia“. Der leckere Bandname bürgt noch immer für inbrünstig inszenierte, dunkelepische und beinahe klangmagische Genrekünste.

Der Plattentitel hingegen überdacht das beschwörend Dargebotene bestens, versteht man unter Theogonie doch schließlich die mythische Lehre von der Entstehung und Abstammung der uralten Götter. Und dieser reizvollen Thematik huldigt das von seiner Kunst seit vielen Jahren vollkommen besessene Athener Quartett mit allergrößtem künstlerischem Einfallsreichtum.

Rotting Christ gravierten in diesen wie selten überraschungsreichen Silberdiskus eine immense Fülle an gefährlich schnell zündenden Songideen. Daraus resultierend liegt nun also mit „Theogonia“ eine der interessantesten, variantenreichsten und auch besten Veröffentlichungen aus diesem Metier seit langer Zeit vor.

Frontmann Sakis Tolis steht noch immer mit ganzheitlicher Körperkraft hinter dem dämonischen Treiben seiner Truppe.

Der griechische Hobbyhistoriker quält das Gesangsmikrofon noch immer ebenso lustvoll wie die sechs Stahlsaiten seiner vergötterten Klampfe.

„Das neue Manifest ist wie immer 100 % Rotting Christ, auch wenn wir eine Vielzahl an neuen Einflüssen darin verbaut haben. Dazu muss noch erwähnt werden, dass ich das allererste Mal den gesamten Kompositionsprozess im Alleingang absolviert habe. Ich schrieb die Songs und arbeitete die kompletten Songtexte aus“, verkündet der Gitarrist mit gewohnt markant-tiefem Stimmfall.

Doch der gute Sakis stemmte noch viel mehr für „Theogonia“, wie er seinem Statement nicht ohne Stolz anfügt:

„Ich zeichnete auch noch für die gesamte Produktion, den nachfolgenden Mix sowie das abschließende Mastering der neuen Rotting Christ-Platte hier bei mir in Athen verantwortlich. Ich wollte mir diesmal wirklich alle nötige Zeit dafür lassen, jedwede Hektik oder Zeitdruck sollten außen vor bleiben, was die anderen Bandmitglieder erwartungsgemäß sehr begrüßten. Denn ganz bewusst wollte ich für unsere neuen Lieder einen ganz eigenen und individuellen Sound erzielen, welcher sich merklich von den ganzen weltweiten Standardproduktionen abhebt. Schließlich sind die Tracks an sich auch etwas ganz Besonderes, daher sollten sie am Ende auch so klingen. Mit den Jahren verbesserten wir unser Equipment mehr und mehr, sowohl auf instrumenteller wie auch auf Heimstudiobasis. Für unsere bisherigen Alben nahmen wir schon in vielen verschiedenen Tonstudios auf, und stets werkelten dabei irgendwelche Produzenten mehr oder weniger an unseren Liedern herum. Und genau das sollte für `Theogonia` nun eben nicht der Fall sein, denn wir wollten uns als Band gewissermaßen endlich mal gänzlich selbst erfahren. Rückwirkend betrachtet hat das auch bestens funktioniert, wir agierten als in sich geschlossene künstlerische Einheit – die Produktivität war schon enorm. Ich werde diese Arbeitsweise daher aller Voraussicht nach auch künftig beibehalten, wenn alles nach Plan läuft.“

Somit kann diesmal also getrost von einer durch und durch mit dem reinen und unverfälschten Geist von Rotting Christ erfüllten Angelegenheit gesprochen werden. Dennoch ging dem Griechen das Ganze nicht allzu schwer von der kreativen Hand, das Gegenteil war laut Sakis sogar eher der Fall. Wir erfahren hierzu also:

„Nach so vielen Jahren als Metal-Musiker und nach so vielen Alben mit Rotting Christ bin ich zu einem Routinier geworden. Das Komponieren für `Theogonia` beispielsweise bereitete mir eigentlich überhaupt keine große Mühe. Ich nahm wie so oft zuvor jeweils meine Gitarre zur Hand und spielte nach Lust und Laune drauflos. Da ich das zugrunde liegende Hauptthema zur neuen Scheibe dabei bereits im Kopf hatte, konnte ich entsprechende Melodielinien und Riffings problemlos kreieren. Nach der damals festgelegten Grundidee zur Gesamtkonzeption von `Theogonia` arbeitete ich mehr als ein ganzes Jahr lang am Kompositionsprozess für die neuen Stücke.“

Und weil der Frontmann laut eigener Aussage ein passionierter Denker und Philosoph ist, legte er nicht gleich wie wild drauflos, sondern ließ den eigentlichen Arbeiten am Album einen längeren mentalen Reifeprozess vorausgehen. Sakis resümiert zu diesem Kontext:

„Oftmals saß ich stundenlang an einem Fleck, wälzte entsprechend einschlägige Literatur und sinnierte inniglich über das Gelesene beziehungsweise die musikalische und lyrische Umsetzung mit Rotting Christ. Ich las mich einmal mehr in die Geheimnisse und Überlieferungen zu den alten griechischen Gottheiten beziehungsweise deren jeweilige spezifische Eigenheiten ein. Das ist bekannter Maßen ein sehr weites Feld, man kann sich darin regelrecht verlieren. Mir haben es in diesem Zusammenhang ganz besonders die uralten hellenischen Mythen zur Entstehung der Welt angetan. Aber auch all die kosmischen Philosophien und darauf basierenden Weissagungen der alten Griechen faszinierten mich während meiner Vorbereitungen zum Album immens. Die ganze `Theogonia` selbst ist in einem uralten griechischen Buch niedergeschrieben, welches schließlich mein Hauptaugenmerk auf sich zog. Aber auch sonst ist dieser gigantische historische Fundus an Mythen für eine Band wie uns schier unerschöpflich. Ich werde daher wohl auch für das kommende Rotting Christ-Album wieder darauf zurückgreifen. Denn nicht zuletzt kann man solcherlei Legenden auch mit einer Reihe ungewöhnlicher, teils antiker Instrumente und entsprechend angelegten Gesängen umsetzen.“

© Markus Eck, 27.12.2006

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