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Interview: THEATRES DES VAMPIRES
Titel: Leidenschaftlich kultivierte Blutromantik

Eines muss man diesen offenbar manisch kreativen Römern wirklich lassen: Seit beinahe zwölf Jahren halten sie nun schon an ihrer okkultvampirischen Musikvision fest und veröffentlichen ihre blutigen Klangergüsse Album an Album gereiht.

Was hier also ohnehin eine nicht geringe Zeitspanne in unserer schnelllebigen Gesellschaft darstellt, mutet im hart umkämpften und gnadenlosen Business umso länger an. Ans Aufgeben dachte jedoch keiner der Beteiligten auch nur ansatzweise, viel zu sehr fühlten sich Theatres Des Vampires ihrer Sache gleichermaßen verpflichtet als auch verbunden. Vom einstigen rustikal angelegten Black Metal-Sound entfernten sie sich über die Jahre mehr und mehr, ständig auf der neugierigen künstlerischen Suche nach weiteren stilistischen Äußerungsmöglichkeiten.

Mittlerweile ist die auffallend wandelbare Theatralikergruppe gar in stark elektronisch konturierten Gothic Rock-Gefilden angelangt, wovon das neue Album „Desire Of Damnation” in düsterer Vollendung kündet. Sängerin Sonya Scarlet zeigte ihrem entsprechend kostümierten italienischen Vampirtheater für eine Weile den Rücken, um mir über die aktuellen Blutsaugerlieder zu berichten.

„Bekanntlich veröffentlichte unser Label einige Monate zuvor unsere erste offizielle Live-DVD namens `The Addiction Tour 2006`, welche in Europa sehr erfolgreich war. Von Seiten der Plattenfirma wurde uns nahe gelegt, die Audio-Tracks der DVD auch als Live-CD zu veröffentlichen“, erläutert die sexy auftretende Gruftdame mit lasziver Stimmlage.

Daher erscheint das neue Werk „Desire Of Damnation“ eben nun als Doppel-CD.

„Als wir dann an eben dieser Live-CD arbeiteten, hatten wir irgendwann die Idee, vier von unseren neuesten Kompositionen dazu zu addieren – denn seit dem letzten offiziellen Theatres Des Vampires-Album namens `Pleasure And Pain`, welches 2005 erschien, hat sich unser Stil einmal mehr ein wenig geändert. Wir waren uns einig, dass unseren Fans die brandneuen Songs nicht vorenthalten werden sollten; zudem entstand während des Arbeitsprozesses gleich weiteres neues Songmaterial.“

Wer so viele Jahre demselben Kontext dermaßen inbrünstig frönt, der muss davon besessen sein.

Und genau so ist es bei der römischen Institution in Sachen Blutdurst.

„Vampirismus ist noch immer die am meisten verführerische Metapher, wenn es darum geht, nach dem ewigen Leben zu trachten. Das Blut hat eine gigantische Kraft inne, es ist unser Lebenssaft, ohne den wir überhaupt nicht existieren könnten. All die Altäre uralter Kulturen waren über und über mit Opferblut bedeckt. Ich behaupte nicht, dass das gut gewesen ist, aber Blut an sich ist eben ein starkes Medium und auch Vehikel, Energie zu geben und zu nehmen.“

Wie die literarisch erfahrene Sonya anschließend mit Nachdruck darlegt, hat sie in der Tat eine ganze Menge an einschlägiger Literatur über den besungenen Themenkomplex verschlungen. Man erfährt:

„In den alten Novellen der osteuropäischen Länder wurden Vampire ja leider stets als emotional total kalte Kreaturen dargestellt, denen reizvolle Eigenschaften wie Charme, Anmut oder Sehnsucht überhaupt nicht zueigen waren. Sie wurden als schreckliche Monster beschrieben.“

Glücklicherweise nahm sich der italienisch-englische Physiker und Schriftsteller John William Polidori, welcher von 1795 bis 1821 lebte, dem menschlichen Vampirismus in romantischer und schwärmerischer lyrischer Art und Weise an, so Sonya.

„Er war einer der maßgeblichen Wegbereiter der damaligen romantischen Bewegung und wird von einigen gar als der Erschaffer des schwärmerischen Fantasy-Vampirgenres an sich geehrt. Ich liebe seine einzigartige und poetische Erzählart, mit welcher er Vampire als noble Dandys und raffinierte Verführer beschreibt, welche einem unstillbaren Blutdurst unterliegen.“

So folgen auch Theatres Des Vampires laut nachfolgender Aussage der ansehnlichen Sängerin strikt ihren jeweiligen ureigenen Emotionen, wenn sie als Band Songs schreiben oder mit Hingabe musizieren.

„Unser Ziel ist es noch immer, mit unserer Kunst eine ganz spezielle Gefühlslage zu kreieren. Eine Stimmung, welche die Musik mit der Seele verbindet und reziprok. Wir können daher niemals im Voraus planen oder vorhersagen, in welche spezifische Richtung unsere nächsten Lieder gehen werden – dies ändert sich ja ständig bei uns, weil wir uns als schöpferisch immer aktive Künstler bereitwillig vollends unseren diversen mentalen Stimmungen aussetzen. Eines steht fest: Bei Theatres Des Vampires läuft es niemals gleich ab, unsere Emotionen scheinen da regelrecht mit uns zu spielen. Denn wir lieben es einfach, signifikante Atmosphären zu erzeugen, innerhalb derer Schmerz und Befriedigung zusammen Hand in Hand gehen.“

So verschweißten sich die italienischen Gefühlsmenschen mit den Jahren zu einer richtigen Familie, berichtet die Frontfrau abschließend: „Der riesige Enthusiasmus jedes Einzelnen von uns, die Leidenschaft und die Liebe zu unserer Musik und Thematik hält uns am Ende vital und geistig kraftvoll. Die richtige Gesamtchemie und genau den jeweilig gewünschten Theatres Des Vampires-Sound zu erzeugen, genau das macht uns immer wieder überglücklich. So kann man uns schon getrost als gleichfalls eigenwillige wie stilistisch offen gesinnte Musikgruppe einstufen, welche sich ständig neu erfindet und genau dabei große Zufriedenheit erlangt.“

© Markus Eck, 23.02.2007

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